Islandreise 2001
oder: Von 4 Wochen in Island, einem verrückten Fahrradfahrer mit Anhänger und einer Menge Gegenwind.

Der Übersicht wegen gibt es diesen Reisebericht auf mehrere Teile aufgespalten:
Gesamt Teil 1 Teil 2

Gleich nach Ende des Sommersemesters 2001 bin ich wieder mal alleine losgezogen, um Urlaub zu machen. Natürlich in Island. Und diesmal sogar per Fahrrad. Für mein ganzes Gepäck hab ich mir einen Anhänger mitgenommen (am Tag vorher zum ersten Mal anmontiert), und eine Unmenge Werkzeug und Ersatzteile hatte ich natürlich auch. Aber dazu mehr in einem Extra-Kapitel: Ausrüstung.

Die Reisevorbereitung fiel - je nach dem, wie man es nimmt - insgesamt wieder recht kurz aus. Das "Langstreckenfahrradfahren" hab ich natürlich schon länger ein bißchen trainiert, und Reiseberichte von anderen Radlern in Island hab ich auch schon lange im Voraus verschlungen. Auch die übliche Outdoor-Ausrüstung hab ich natürlich schon vorher zu sammeln angefangen (Zelt, Kocher,...). Aber den Flug hab ich diesmal erst 2 Wochen vor Abreise gebucht (Last-Minute, sehr günstig).
Auch die Routenplanung für meine bevorstehende Tour war nur recht vage: ich konnte nicht recht einschätzen, was für Entfernungen ich wohl an einem Tag schaffen würde, welche Auswirkungen das Wetter auf diese Entfernungen hatte, und wieviele Striche mir mögliche Pannen durch die Rechnung machen würden. Das hat sich dann auch als gut erwiesen, da ich nur eine Liste von Orten hatte, wo ich vielleicht auch gern hinwollte. Ohne daß ich unendlich traurig gewesen wäre, wenn die Zeit nicht mehr gereicht hätte. Und gereicht hat sie!
Tja, und dann war auch schon der Abreisetag da. Nochmal in aller Eile ein paar Wartungs- und Reparaturarbeiten am Fahrrad vorgenommen, und dann mit meinem voll beladenen Gespann durch die Bahnhöfe von Zug zu Zug, bis ich endlich am Flughafen München ankam... und dort sogar den Check-In Schalter fand... Das Fliegen war mit Fahrrad viel einfacher als ständig treppauf treppab zu schieben und tragen.

Der Reiseverlauf war wiedermal reibungslos und beinahe so, als wäre er perfekt organisiert. Obwohl ich eigentlich wiedermal gar keinen Plan hatte. Auf dieser kleinen Karte ist meine Strecke eingezeichnet. Das Wetter war zwar nicht so perfekt, wie bei meinem letzten Urlaub, aber eine Woche Dauerregen und die paar anderen Regentage kann man bei vier Wochen ja wohl verkraften... :)
Pannen hatte ich zum Glück keine, nichtmal einen platten Reifen. Und ich bin weiter gekommen, als ich es erwartet hatte. Hier folgt also ein ausführlicher Bericht:

2. August 2001
Am 2. August ging es los. Und dies war eigentlich der schlimmste Tag des ganzen Urlaubs, wenn man ihn schon dazuzählen will. Voll bepackt bei Mittagshitze Treppen runter und vor allem rauf. Es gibt zwar fast überall Aufzüge, aber mit Anhänger passt man da recht schlecht hinein, sodass als angenehmste Alternative die Rolltreppe übrigblieg (trotz der "Fahrrad verboten" Schilder). Ich hatte sogar noch ne Menge Pappe zum Einpacken dabei, aber beim einchecken haben sie mein Rad einfach so genommen, mit eingedrehtem Lenker. "Das ist am einfachsten so". Na solange sie nichts dran kaputt machen...
Die Sicherheitskontrolle hat mich natürlich wieder komplett auseinandergenommen, mit Benzinkocher und Fahrradwerkzeug im Handgepäck. Aber sie haben mich dann doch nur als harmlosen Verrückten eingestuft und durchgelassen.
Im Flugzeug hieß es, in Island soll es regnen. Aber das war dann nicht der Fall. Nur dunkel war es. Und das ist keineswegs selbstverständlich, wenn man im Sommer nach Island fährt. Trotzdem hab ich noch den Weg zum Zeltplatz in Keflavík gefunden und dort mein Zelt aufgebaut bekommen.

3. August 2001
Þingvellir
Am Morgen wurde ich gleich mal von einem strahlend blauen Himmel empfangen. Aber einem recht kühlen Wind. Der störte mich anfangs nicht weiter, denn erstmal war ich im Supermarkt direkt neben dem Zeltplatz einkaufen, und hab meinen Benzinkocher aufgetankt. Danach noch kurz alle Schrauben an meinem Fahrrad überprüft, festgestellt, daß noch alles dran war, und gepackt.
Dann ging es erst richtig los. Als erstes Ziel hatte ich mir Reykjavík gesetzt. Anfangs hatte ich noch ein kurzes Stückchen den Wind von hinten, aber dann ging es ab auf die Hauptstraße. Mit starkem Seitenwind und leider nicht weniger starkem Verkehr. Immerhin schien die Sonne.
Diese Strecke werde ich beim nächsten Mal jedenfalls meiden, oder in der Nacht fahren, wie es etliche andere gemacht haben. Und Reykjavík genauso. Immer wieder hab ich dort vergeblich versucht, die mehrspurigen Hauptstraßen zu verlassen. Aber die meisten kleineren Wege waren Sackgassen oder für Fußgänger konzipiert. So bin ich dann auch einmal gestürtzt, als ich mit vollbeladenem Anhänger versucht habe, ein paar Stufen hinunterzufahren...
Kurzerhand habe ich umgeplant, und bin gleich weitergefahren Richtung Þingvellir. Und ich war heilfroh, als ich wieder draußen war aus dem Großstadtgebiet und auch die "Autobahn" nach Mossfell hinter mir lag. Dort endlich zweigte ich auf die 36 nach Þingvellir ab, eine ruhigere Landstraße. Aber immernoch durchgehend asphaltiert. Und es ging ständig bergauf. Aber dafür entschädigte ja der Sonnenschein. Als ich am Abend dann ankam war ich zwar etwas erschöpft, aber recht froh über meine erste Tagesetappe von ca. 80 km.
In Þingvellir selber war um diese Tageszeit recht wenig los, was mich angenehm überraschte, da ich den Ort bisher nur mit mehreren Reisegruppen darinnen kannte, die sich über die ganze Gegend verteilten und überall herumspazierten. So war es ein guter Einstieg in den Urlaub, und ich konnte zwischen den bizarren Felswänden und der Heidelandschaft Abstand gewinnen zu den Städten, Autos und dem Alltag.
Bilder der Tages:

4. August 2001
Kaldidalur
Immernoch hielt sich das gute Wetter. Und an diesem Tag nahm ich endgültig "Abschied von der Zivilisation". Ins Hochland, über die Kaldidalur-Route und den angeblich höchsten Pass Islands nach Húsafell. Zunächst machte die Straße noch einen recht guten Eindruck, und die ersten paar Kilometer waren noch asphaltiert. Das änderte sich aber bei der ersten größeren Steigung, die ich gleich photografisch dokumentieren mußte. Und bei dieser einen blieb es nicht lange. 20% Steigungen und dabei lockerer Schotteruntergrund. Wenigstens das Wetter meinte es gut mit mir, und ich hatte KEINEN Gegenwind.
Trotzdem spürte ich jetzt, was es heißt, im isländischen Hochland alleine zu radeln. Um mich herum verschwand zusehends das Grün, mehr und mehr war ich von einer einsamen Geröllwüste umgeben. Der Verkehr nahm rapide ab, kein Vergleich zum Vortag auf den Straßen in der Nähe der Hauptstadt. Eine atemberaubende Landschaft lag um mich, immer wieder mit tollen Ausblicken auf Gletscher, Täler und flache Vulkankegel. Auch wenn diese Ödnis vielleicht nicht jedermanns Sache ist, ich war froh endlich wieder in Island zu sein.
Aber von Süden, also mir hinterher, kamen dunkle Regenwolken, und als ich endlich auf der Passhöhe angekommen war, fürchtete ich fast, mein Regenzeug auspacken zu müssen. Bei einer verdienten Pause dort oben jedenfalls geschah zum ersten Mal, was mir noch oft passieren sollte: Ich, mein Fahrrad, und vor allem mein Anhänger wurden fotografiert, um in irgendwelchen Fotoalben als "der Verrückte mit dem Anhänger" zu enden.
Abwärts fahren war danach wieder eine pure Freude. Mit 40 km/h und mehr über die isländischen Holperpisten. Und dank Anhänger hatte ich auch fast gar keine Probleme mit dem Gleichgewicht, den Speichen oder irgendwelchen lapperigen Gepäckträgern. Bloß war es recht windig, so daß ich unterwegs mehrmals fast angehalten hätte, um meine dicke Jacke anzuziehen. Aber jedesmal war das Ausrollen ein solcher Genuß, daß ich mir das mit dem Frieren nochmal grüdlich anders überlegt habe.
Auf dem Stück bergab habe ich jedenfalls die Wolken wieder abgehängt, so daß mich danach wieder ein recht freundlicher blauer Himmel angestrahlt hat. Die letzte Etappe bis Húsafell war somit ein Kinderspiel, teilweise sogar wieder asphaltiert. Mein Fahrrad hatte den ersten Härtetest gut überstanden, und ich freute mich darauf, endlich mal wieder isländisch Baden zu gehen!
In Húsafell erwartete mich jedoch ein ganzer Zeltplatz voller Jeeps mit den dazugehörigen Isländern. Sie feierten dort, wie jedes erste Augustwochenende, den "Bankfeiertag". Mit einem großen Feuer, Live-Musik und natürlich viel Brennivín. Wer in Island wirklich nur Einsamkeit sucht, sollte Húsafell Anfang August meiden! Ich jedenfalls bereue es nicht, mitten in die "Festlichkeiten" hineingeplatzt zu sein, und so auch einen kleinen Einblick in das Leben der Isländer gewann.
Ich hatte auch recht nette Zeltnachbarn dort, eine der wenigen nicht-isländischen Touristenfamilien. Holländer mit Leihwagen, einem auffälligen roten Geodätenzelt und allerlei Outdoor-Schnickschnack. Später hab ich sie unerwarteterweise nochmal wiedergetroffen.
Bilder der Tages:

5. August 2001
Am nächsten Morgen war ich wohl einer der Ersten weit und breit, die wach waren. Jedenfalls war das Wetter schlechter geworden. Ziemlich bewölkt. Aber wenigstens der Regen ließ noch eine Weile auf sich warten. Meine Sachen waren schnell gepackt (ein weiterer Vorteil des Anhängers), und ich war bald wieder unterwegs. Richtung Borganes. Am liebsten wäre ich gleich zur Snæfellsnes weitergefahren, aber die Straßen sahen mir etwas zu sehr nach Sackgassen aus, so daß ich den kleinen Umweg lieber in Kauf nahm.
Eine erste Pause hab ich schon nach wenigen Kilometern eingelegt, bei den Wasserfällen Hraunfossar und dem Barnafoss direkt daneben. Ich hatte fast schon befürchtet, am Tag zuvor irgendeine Abzweigung verpasst zu haben, denn meine Karte war reichlich ungenau, und ich wußte nur, die Hraunfossar müßten irgendwo hier in der Gegend sein. Aber in Island führen die meisten Straßen ja direkt zu den Sehenswürdigkeiten hin, also war meine Furcht unbegründet.
Weiter ging es auf der 518, wieder ohne Asphalt, bis zu einem Reykholt (mir sind später noch ein paar andere Reykholts begegnet). Nicht weit von dort liegt Europas ergiebigste Thermalquelle, Deildartunguhver. Dampf sieht man überall in der Gegend aufsteigen. Und frisches isländisches Gemüse kann man dort auch kaufen. Schließlich wird die Erdwäre auch zum Gewächshäuserheizen genutzt.
Nur konnten auch die warmen Dämpfe und die heiße Quelle nicht darüber hinwegtäuschen, daß es merklich kälter war, und es nun auch anfing, ein wenig zu tröpfeln. Jedenfalls kämpfte ich mich tapfer weiter auf der 50 erst ein wenig nach Norden, dann nach Westen bis zur Ringstraße. Hier war wieder deutlich mehr Verkehr, und auf dem Highway Nummer 1 wars wieder beinahe unerträglich. Obwohl die Waldlandschaft abseits der Strecke durchaus recht hübsch war. Ich war froh, als ich endlich in Borganes mein Zelt aufgebaut hatte, wenigstens ein trockenes Plätzchen. Viel zu bieten hatte der Zeltplatz nicht. Er soll wohl renoviert werden. Jedenfalls war er kostenlos, und so einfach eingerichtet wie kaum einer.
Natürlich machte ich mich gleich auf, das Bad zu suchen: ein Freibad ist genau das richtige nach einem anstrengenden, verregneten Tag. Auch meine Vorräte hatte ich wieder aufgestockt, wenn ich schon mal wieder an einem Supermarkt vorbeikam. Und auch wenn ich unterwegs zum ersten Mal keinen einzigen anderen Radler getroffen hatte, waren hier am Zeltplatz noch zwei Holländer. Und natürlich wurde wieder mein Anhänger bestaunt.
Aber ich verkroch mich recht bald in mein Zelt und hörte den Regentropfen beim trommeln auf das Aussenzelt zu. Ich war reichlich geschafft, und gewöhnte mich gerade erst wieder an das typische Islandwetter.
Bilder der Tages:

6. August 2001
Snæfellsnes
Mit dem Packen wartete ich am nächsten Tag auf eine Regenpause. Die hielt sich dann sogar noch eine ganze Weile, während ich auf der 54 Richtung Norden fuhr. Wieder mit sehr wenig Verkehr zum Glück. Sonst hätte es mir wohl schon nach ein paar Kilometern beim Eldborg gereicht, einem recht eigenartig geformten Krater, und ich hätte die Tagesetappe wieder beendet. Aber so bin ich gleich weitergeradelt, ohne hinzuwandern und hineinzuschauen. Ein andermal vielleicht.
Bei Regen bin ich dann, gut verpackt in die entsprechenden Klamotten, weiter dahingefahren auf der flachen Asphaltstraße mit steilen Bergen zur Rechten und dem Meer zur Linken. Wenig abwechslungsreich zwar, aber das lag vielleicht auch an Wolken, die alles verhüllt haben, was mehr als 100m entfernt war.
Mit drei anderen Radlern (alle die mir an diesem Tag begeneten) kam ich noch ein wenig ins Gespräch. Über das Wetter natürlich. Und meinen Anhänger. Der hat mich wohl auch bei den isländischen Autofahrern, die fast alle hupend und winkend überholt haben, unvergesslich gemacht... :)
Jedenfalls wollte ich eigentlich nach Buðir kommen, wo es eine schöne, schwarze Kirche und angeblich einen sehr langen Lavatunnel zu sehen gibt. Der Weg schien gar kein Ende nehmen zu wollen, und nur weil es anfing, zu regnen aufzuhören, konnte ich mich überwinden, weiterzuradeln. Wie enttäuscht war ich, als ich dann bei der Abzweigung nach Buðir angekommen ein Schild sah, der Zeltplatz sei diese Saison geschlossen. Aber da ich keine Lust hatte, wild zu zelten zwischen den Weiden und Straßengräben, und auch das Lavafeld nicht gar so einladend aussah, bin ich der Einfachkeit halber noch 20 km weitergefahren nach Arnastapi.
Was für eine Freude dort nach einem sehr langen Tag (ca. 120km) erstmal einen heißen Tee von den Holländern aus Húsafell (mit dem auffälligen roten Geodätenzelt) angeboten zu bekommen. Sie hatten sich genügend Zeit für die Snæfellsnes-Halbinsel genommen, daß ich sie per Fahrrad wieder eingeholt hatte. So wurden wir einmal mehr Zeltnachbarn.
Die Küste von Arnastapi, die zu einem kleinen Abendspaziergang einlud, hat mir schon beim letzten Mal sehr gut gefallen. Und dieses Jahr hatte ich auch noch genügend Fotofilme um ein paar Bilder zu machen. Aber bald schon hab ich mich lieber in mein Zelt gelegt zum Schlafen.
Bilder der Tages:

7. August 2001
Snæfellsnes

Den Regen hatte ich am Vortag endgültig hinter mir gelassen, ebenso die Asphaltstraße und mit ihr den größten Teil des ohnehin spärlichen Verkehrs. Am nächsten Morgen war wieder richtiges Sonnenwetter. Da fiel es gleich viel leichter, alles einzupacken, und mich aufs Rad zu schwingen. Eigentlich hatte ich mir ja für den Tag nur die Strecke bis Ólafsvík vorgenommen, also um die Spitze der Halbinsel herum. Etliche kleine Abstecher am äußersten Ende der Snæfellsnes, zu alten Siedlunsplätzen oder zu Leuchttürmen und Vogelfelsen hätten mich gereizt. Aber es kam wie üblich ganz anders.
Denn während ich so gemütlich dahinpedalierte, kamen von Süden her doch noch dunkle Wolken immer näher. Und spätestens kurz hinter dem Hinweisschild für den neuen Nationalpark Snæfellsnes wurde die Straße rapide schlechter. Es gibt dort draßen ja auch nicht mehr viel, was eine gute Straße nötig hätte. Die Touristen sind spärlich in dieser Ecke Islands. Als ich trotzdem mehr und mehr um den Snæfellsjökull herumkam, fiel mir auf, wie viel weniger dunkle Wolken doch auf der anderen Seite der Berge waren.
Also strich ich einige der Abstecher. Die Gegend ist ohnehin schön genug um noch ein paar mal öfter dort vorbeizukommen. Und der Berg mit seinem schneebedecktem Gipfel, den ich die ganze Zeit rechts von mir hatte, hat meinen Fotovorrat auch schon genug dezimiert.
Aber während ich mich noch freute, den Wolken entkommen zu sein, fiel mir mehr und mehr ein neues Problem auf. Nicht etwa die Straße, an die hatte ich mich schon gewöhnt. Aber der Wind! Genau von vorne! Und das auch nicht gerade schwach! Seither habe ich die Theorie, daß man als Radler in Island immer entweder mit Regen oder mit dem Wind zu kämpfen hat. Beides zusammen ist selten, aber keines von beidem ist erst recht selten.
Trotzdem erreichte ich nach den wohl anstrengendsten paar Kilometern der ganzen Reise in Hellisandur wieder eine Teerstraße. Durch die Vogelkolonie direkt auf der Straße nach Ólafsvík bin ich unbeschadet durchgekommen, auch wenn ich mir dabei manchmal einen Helm gewünscht hätte. (Wer die Sturzflüge der aggressiven Vögel dort kennt, versteht was ich meine!)
In Ólafsvík machte ich dann nur eine kurze Pause, stattete dem örtlichen Supermarkt einen kurzen Besuch ab, und nutzte auch den Geldautomaten um meine Barschaft etwas aufzufrischen. Island ist teuer. Außerdem fand ich erwartungsgemäß den Wagen der Holländer vom Vortag. Sie waren auf einer WhaleWatching Tour, weit draußen am Meer.
Das gute Wetter und die angenehme Teerstraße wollte ich noch ausnutzen, trotz Gegenwind. Also ging es weiter. Stykkishólmur hatte ich mir vorgenommen, aber es kam (wie immer) anders. Denn bis Grundarfjörður bei etwa der Hälfte der Strecke gab es noch einen ordentlichen Pass zu überwinden. Der hat mir dann den Rest gegeben, so daß ich nur noch möglichst bald in mein Zelt oder einen Hot-Pot wollte. Oder beides.
Der Wunsch wurde mir erfüllt, aber wenn ich noch ein paar Meter weitergefahren wäre, hätte ich östlich von Grundarfjörður noch einen viel schöneren Zeltplatz gefunden, als den kostenlosen oberhalb des Ortes, direkt neben dem Bad. Das letzte Abendlicht wollte ich noch nutzen um meine alte, abgenutzte Fahrradkette umzudrehen, hab mich dabei aber irgendwie recht ungeschickt angestellt. Aber das rächte sich erst am nächsten Tag.
Bilder der Tages:

8. August 2001
Der nächste Tag begann wieder trüb und wolkenverhangen. Aber es regnete immerhin nicht. Also hab ich meine Sachen gepackt und bin frohen Mutes drauflosgeradelt. Pah, denkste! Nach vielleicht 10 km, als es wiedermal ein Stückchen bergauf ging, riß die Kette. Immerhin riß zur selben Zeit auch die Wolkendecke auf, und das Blau am Himmel setzte sich mehr und mehr durch. Die alte Kette hab ich dann notdürftig geflickt, den Ersatz wollte ich mir noch für später aufheben.
Also weiter auf der Teerstraße, vorbei am Berserkjahraun und quer durch das Helgafelltssveit. Kein Wind, kein Regen, einer der wenigen Ausnahmetage. Auch wenn ich ursprünglich Stykkishólmur als Rastplatz eingeplant hatte, bin ich einfach daran "vorbeigeflogen". Danach ging es etwas langsamer voran, denn der Asphalt wurde wieder von einer Schotterpiste abgelöst. Aber die war in gutem Zustand, und es war recht angenehm dort zu radeln. Der Álftafjörður schnitt sich tief ins Landesinnere, ich brauchte fast zwei Stunden, um ganz drum herum zu kommen. Aber bei dem Sonnenwetter, das ich mittlerweile wieder hatte, macht aus sowas richtig Freude. Denn bei Sonnenschein ist es in Island überall schön.
Auch danach war rund um mich herum eine abwechslungsreiche Kulisse aus Felshängen, Hügeln, Bächen und ein paar Bäumen (also isländische "Bäume" natürlich). Ab und zu ein Gehöft eine Kirche oder ein paar Pferde hineingesetzt und darüber ein strahlend blauer Himmel, da macht Radeln Spaß!
Die Zeit verflog, die Kilometer ebenso. Erst kurz vor Búðardalur, als ich von der 57 auf die 60 einbog, gab es wieder Asphalt. Und entsprechend auch ein wenig mehr Verkehr. Als ich dann nach wiedermal über 100 km in Búðardalur mein Zelt aufbaute, hatte ich die gerissene Kette vom Morgen schon fast wieder vergessen.
Andere Radler hatte ich keine mehr getroffen, wie schon am Vortag. Die meisten Touristen in der Gegend nutzen die Fähre von Stykkishólmur aus in die Westfjorde. Angeblich verpassen sie so aber gerade die schönste Ecke der Westfjorde, nämlich deren Südküste. Das kann ich zwar (noch) nicht beurteilen, aber schon die einsame Nordküste der Snæfellsnes hat mich sehr beeindruckt, und wenn ich mal die Wahl zwischen der Fähre und dem langen Weg um die Bucht herum habe, weiß ich jetzt schon, wie ich mich entscheide.
Bilder der Tages:

9. August 2001
Auch dieser Tag begann wieder stark bewölkt, aber ohne Regen. Nachdem ich doch noch einen kurzen Blick auf das defekte Kettenglied geworfen hatte, nahm ich Abschied vom seltsamen Ort Búðardalur. Er besteht eigentlich nur aus einigen Läden und einem kleinen Hafen, und lebt vermutlich von den Bauern aus dem Umland.
Gehöfte hab ich jedenfalls noch etliche gesehen, entlang der 59 durch das Laxárdalur. Blauen Himmel nicht. Es blieb aber trocken, und als ich auf der Passhöhe der Laxárdalsheiði ankam, lag wieder besseres Wetter vor mir. Also bin ich ausnahmsweise mal mit Rückenwind die paar Kilometer zur Ringstraße gerast, um danach auf der anderen Seite des Hrútafjörður wieder das ganze Stück in der anderen Richtung, nach Norden zu fahren. Dann natürlich mit dem Wind von vorne.
Immerhin, die Sonne schien. Und wenn auf der Ringstraße nicht gar so viel Verkehr wäre, hätte es sogar schön sein können. So hat es mich in erster Linie darin bestätigt die Ringstaße zu meiden, wann immer möglich. Andere Radler machen das wohl genauso, auch an diesem Tag begegnete mir kein einziger. Ich war müde und vor allem froh, als ich den Zeltplatz von Hvammstangi erreichte. Und erst recht freute ich mich natürlich, als ich das örtliche Bad fand. Baden ist immer wieder ein Genuß in Island.
Der Zeltplatz ist in Hvammstangi übrigens abgelegen und ruhig oberhalb des Ortes, sehr schön gelegen. Vielleicht lag es ja auch daran, daß ich schon wieder an die 100 km zurückgelegt hatte, aber der Weg in die Ortsmitte kam mir ziemlich weit vor. So beließ ich es bei einem kurzen Rundgang nach dem Bad und verkroch mich bald in meinen Schlafsack. Das erste richtig harte Stück der Kjölur Hochlandroute, lag fast unmittelbar vor mir, und ich wußte nicht recht, wie ich den nächsten Tag angehen sollte. Also vertagte ich alle Entscheidungen wiedermal auf wann anders.
Bilder der Tages:

10. August 2001
Vatnsnes
Da ich meinem "Zeitplan" um mindestens einen Tag voraus war, beschloß ich diesen Tag langsam angehen zu lassen, und nur bis Blönduós zu fahren. Und da mir schon am Vortag die Ringstraße zu belebt war, beschloß ich weiterhin, einen Abstecher entlang der Küste, rund um die Halbinsel Vatnsnes zu machen. Sonst wäre es doch ein bißchen zu wenig gewesen, einfach nur die 50 km herunterzukurbeln.
Also packte ich wieder frühzeitig alles zusammen, und los ging es. Das Wetter war anfangs wieder leicht bewölkt, besserte sich aber zusehends. Und schon kurz hinter Hvammstangi geschah es wieder mal: Ich landete als "der verrückte Radler" im Fotoalbum. Eine italienische Reisegruppe hat extra die Superjeeps gebremst, einige sind dann sogar ausgestiegen, um mich besser ins Bild zu rücken. Ich selbst hab wohl viel weniger Bilder mit mir drauf, als mancher andere...
Zu diesem erheiternden Erlebnis kam noch die schön zu fahrende Straße, und auch der Himmel klarte wieder richtig auf, um schon bald in vollem Blau zu erstrahlen. Die Landschaft war ähnlich abwechslungsreich wie an der Nordküste der Snæfellsnes. Verkehr gab es so gut wie gar keinen. Bloß ein paar Schafe waren auf der Straße.
Laut einem Faltblatt vom Zeltplatz in Hvammstangi bin ich in Illugastaðir am Schauplatz eines grausigen Mordes vorbeigefahren, aber erst in Hindisvík machte ich eine längere Pause. Dort lebte lange Zeit Sigurður Norland, ein bedeutender isländischer Dichter und Denker. Und eine der größten Seehundekolonien Islands gibt es dort auch. Aber leider nur, wenn man ein Fernglas dabei hat. Ansonsten kann man die Tiere kaum von den Felsen unterscheiden, auf denen sie weit draußen im Meer liegen.
Sehr viel eindrucksvoller fand ich den Felsen Hvítserkur, einige Kilometer weiter. Der markante Felsen mit den zwei Toren war mir zwar schon von vielen Bildern bekannt, aber ich wußte gar nicht, daß er ausgerechnet dort liegt. Der Weg von der Straße zum Parkplatz war mir mit dem Fahrrad zu steil, aber man kann ihn natürlich auch gut zu Fuß laufen. Sogar einen kleinen Zeltplatz gibt es dort, aber den hab ich noch nicht in Anspruch genommen.
Statt dessen bin ich wieder mit leichtem Rückenwind weit ins Landesinnere geradelt, leider auf der 711, nicht auf der 717, wo es angeblich bei Borgarvirki einen tollen Aussichtspunkt gibt. Egal, ein kurzes Stück Ringstraße ließ sich wieder mal nicht vermeiden. Und ein starker Gegenwind, den ich ja zuvor von hinten hatte, ebensowenig. Und hinter mir in den Bergen waren wieder dicke Wolken, die bedrohlich näher kamen, trotz meines Gegenwindes.
Auch wenn es ein schöner Abstecher war, ich war froh, als ich in Blönduós noch rechtzeitig vor dem Regen mein Zelt aufgestellt hatte, und dort zum ersten mal seit Tagen auch wieder andere Radler sah.
Bilder der Tages:

11. August 2001
Kjölur
Bloß irgendwie hatte ich verschlafen, daß der Supermarkt am Samstag erst um 10 Uhr aufmacht. Also mußte ich am nächsten Morgen lange mit dem Frühstück warten. Mein Keksvorrat war nämlich aufgebraucht. Bevor ich ins Hochland aufbrach, wollte ich außerdem noch ein paar andere Vorräte besorgen. So bin ich erst gegen 12 Uhr losgekommen.
Leider hatte ich aber nicht nur meinen Keksvorrat aufgebraucht, sondern auch meinen Vorrat an gutem Wetter. Eigentlich hatte ich gehofft, daß die Wolken sich im Laufe des Vormittags wieder lichten würden, aber statt dessen wurden sie nur noch dichter, und als ich endlich losfuhr, fing es sogar an zu regnen.
Auf der 731 wollte ich zum Blöndudalur, und dann auf zur F 37, der Kjölur Hochlandroute. Dies schien nicht nur mir die günstigste Route zu sein, und schon kurz hinter Blönduós traf ich zwei Radler vom Zeltplatz wieder. Werner und Ilse. Sie hatten in etwa das selbe vor, wie ich, also sind wir von da an kurzerhand zusammen weitergefahren, durch Regen und Nebel.
Von der Landschaft war nicht viel zu sehen, und als wir endlich am Abzweig der F 37 ankamen, von unseren Klamotten und den Rädern auch nicht mehr. Die Schotterpisten können ganz schön dreckig werden, wenn es regnet und wenn man bergab mal ein bißchen schneller fährt spritzt der Schlamm natürlich wild durch die Gegend. Aber nicht zuletzt dafür gibt es ja Regenzeug. Ein kurzes Stück Straße am Wasserkraftwerk der Bladá war wieder asphaltiert. Das war auch besser so, denn es ging dort sehr steil bergauf. Da freuen sich nicht nur Autofahrer über einen festen Belag, denn auch beim Fahhradschieben rutscht man nicht gerne aus.
Die Wolken waren auch weiterhin dicht um uns herum, aber es regnete nicht mehr ganz so stark, als wir endlich oben ankamen. Ilse meinte allerdings, ihre LowRider-Tasche wäre falsch gepackt und würde fast herunterfallen. Egal, wir fuhren weiter. Es ging einige Hügel rauf und runter, aber alles in allem kamen wir gut voran. Allerdings nur ein kleines Stück weit. Dann brach der LowRider von Ilse. Ein anderer war den beiden schon im Flugzeug beschädigt worden, und als er dann brach waren sie extra mit dem Bus nach Akureyri gefahren, um einen neuen zu kaufen. "Das war der teuerste LowRider den wir jemals hatten" fluchten die beiden... Die Tasche haben wir dann für den Rest des Tages einfach mit auf meinen Anhänger gepackt, und weiter ging es.
Bei dem Wetter, das wir hatten, konnte man nicht wirklich etwas von der Landschaft sehen. Nur ab und zu sind wir an Seen vorbeigekommen, das haben wir gemerkt. Am Fuß eines Staudamms haben wir dann die Zelte aufgestellt, keiner wollte mehr so recht weiter, obwohl es endlich aufgehört hatte zu regnen. Etwa 65 km hatten wir geschafft und laut Karte war der See auf der anderen Seite des Dammes der Blödulón. Auch wenn der Boden recht steinig und die Straße nicht weit war, haben wir nach diesem Tag sehr gut geschlafen.
Bilder der Tages:

12. August 2001
Hveravellir


Das Wetter hatte sich wieder gebessert über Nacht. Am nächsten Tag war es "nur noch" dicht bewölkt. Nach einem ausgiebigen Frühstück also alles wieder zusammengepackt und zurück den kleinen Hügel 'rauf zur Straße. Pah, denkste! Meine Kette riß wieder. Ich hatte sie extra noch geölt, da sie unter dem Regen- und Matschwetter vom Vortag ziemlich gelitten hatte. Und als Dank mußte ich jetzt das schmierige, ölige Teil runtermontieren. Denn jetzt war es wirklich Zeit für meine Reservekette.
In 5 Minuten war das erledigt, und es ging tatsächlich weiter. Die Straße wurde wieder holperig und steinig, ähnlich der Kaldidalur-Straße. Aber die Landschaft schien irgendwie grüner und freundlicher zu sein. Schon nach wenigen Kilometern kamen wir nach "Áfangi", dem offiziellen Anfang des Kjalvegur. Mit Tankstelle, Imbiß und allem drum und dran. Aber da es grad so schön bergab ging hatten wir nur einen sehr kurzen Blick dafür übrig.
Kurz darauf ging es auch schon wieder steil aufwärts, und wir ließen die Stauseelandschaft hinter uns. Dafür war das Wasser jetzt in Form von Nieselregen und Nebel um uns herum. Die Landschaft verschwand wieder im dicken Weiß, einzig ein paar Schafe direkt neben der Straße waren noch zu erkennen. Auf der Straße und auch an den zahlreichen "Aussichtspunkten" (für uns waren es eher Rastpunkte nach den Steigungen) begegneten uns nur einige Radfahrer aus der Gegenrichtung, ein paar Motorradler und nur wenige Autos. Viel Verkehr war also wirklich nicht.
Immerhin hörte es nach einiger Zeit wieder zu regnen auf und es brachen sogar ein paar Sonnenstrahlen durch die Wolken. Bei einer Schutzhütte direkt an der Straße haben wir dann eine ausgiebige Rast gemacht bei toller Aussicht auf den Hofsjökull und ein paar Tassen Tee. Ilse hatte gerade an diesem Tag Geburtstag, und das wurde somit ein wenig gefeiert.
Wir sind dann den dunklen Wolken über dem Kjölur-Tal entgegengefahren. Und langsam wurde auch die Straße schlecht. Richtig schlecht. Mit vielen großen Steinen und "Wellblech" und dazwischen Sand. Aber das war ja schließlich zu erwarten. Was muß man denn auch mit dem Fahrrad ins isländische Hochland fahren...
Es kamen noch einige Steigungen, die aber eigentlich nur wegen der schlechten Straße zum Schieben einluden. Andereseits wäre auch die Straße noch ganz gut befahrbar gewesen, wenn es nicht so bergig gewesen wäre. Als wir jedenfalls endlich in Hveravellir ankamen, waren wir alle froh und recht erschöpft.
Belohnt wurden wir mit einem angenehmen Zeltplatz, einem wunderschönen Sonnenuntergang und - besonders erfreulich - einem tollen Pool unter freiem Himmel.
Bilder der Tages:

13. August 2001
Hveravellir-Kerlingarfjöll

An diesem Tag war wiedermal nicht so recht klar, wie und wohin es gehen sollte. Werner und Ilse wollten möglichst bald das Hochland wieder verlassen, ich hatte aber noch genügend Spaghetti auf Vorrat, um mir noch ein oder zwei Tage Zeit zu lassen. Jedenfalls fuhren wir zusammen erstmal Richtung Süden, weiter auf der F 37. Dabei erwies sich der Anhänger schon bald wieder als Vorteil, denn mein Gepäck konnte nicht verrutschen, während Werner und Ilse immer wieder die Gurte nachspannen mußten, mit einem LowRider weniger als geplant. Immerhin war die Straße auch sehr steinig und buckelig und trug sicher auch noch ihren Teil dazu bei.
Der Himmel war zwar wieder bewölkt, aber nach Regen sah es nicht aus. Durchschnittliches, trockenes Islandwetter eben. In einem weiten Bogen führte uns die Straße um das Lavafeld Kjalhraun, meisens recht eben mit nur wenigen kleinen Hügeln. Laut Karte gibt es dort auch den sehr flachen Schildvulkan Strýtur. Aber der war wohl zu flach, um irgendwie aufzufallen, und ich kenne ihn nur, weil ich schon öfters sehr ähnliche Beschreibungen gehört habe.
Links und rechts der Straße waren nur noch öde Geröllfelder, keine Pflanzen mehr und erst recht keine Tiere. Zu hören war nichts außer dem Rauschen des Windes, und einem gelegentlichen Klappern der Fahrräder. So etwas kann man wohl nur zu Fuß oder mit dem Rad erleben. Mit dem Kasten eines Autos um sich fehlt da mindestens das Panorama-Erlebnis. Und das Gefühl für die ungeheure Weite der Landschaft, durch die man sich da bewegt.
Auf der Straße kam nach einiger Zeit eine "Furt". Ein kleines Bächlein, oder einfach eine große Pfütze, um die man problemlos am Rand herumschieben konnte, ohne nasse Füße zu bekommen. Vermutlich als Touristenattraktion: "Wir sind im Hochland!". Jedenfalls war das im Nachhinein wohl die einzig "schwierige" Stelle auf der Kjölur-Hauptroute. Wenn man nichts gegen Steine und "Wellblech" auf der Straße hat. Die Steigungen und Berge auf diesem Stück waren alle gut befahrbar, nur selten steil genug um absteigen und schieben zu müssen. Und mit der Zeit wurde auch die Straße wieder besser.
Es blieb weiterhin trocken, die Wolken standen hoch genug um uns den Blick auf die beiden Gletscher Hofsjökull und Langjökull nicht zu versperren und zeigten ab und zu sogar ein wenig blau! Rechts war, noch vor dem Langjökull, der Hrútfell zu sehen, und weit im Süden ragten die Kerlingarfjöll mit ihren eigenartigen Spitzen empor. Die machten mich neugierig. Und als wir an eine kleine Abzweigung in deren Richtung kamen, war ich zu dem Entschluß gekommen, daß ich dort langfahren wollte.
Also trennte ich mich von Werner und Ilse und fuhr den holperigen Weg abseits der Hauptstrecke. Schon bald kam eine erste "richtige" Furt. Das Wasser stand mir sogar bis zu den Knöcheln! Aber dank der Watschuhe, die ich extra für sowas mitgenommen hatte, kein Problem! Etwas ernster war die nächste Furt, nur ein paar Kilometer weiter. Aber am Rand, wo die dicken Superjeeps noch keine tiefe Kuhle ausgefahren hatten, war es natürlich auch ein Kinderspiel. Nach einigen weiteren Kilometern stand noch ein Warnschild für eine Furt. Allerdings war dort scheinbar einige Tage oder Wochen zuvor eine Brücke gebaut worden. Recht knifflig war noch der letzte Anstieg vor den Berghütten Kerligarfjöll. Mehrmals bin ich auf dem losen Untergrund beim Schieben ausgerutscht.
Aber der Abstecher hat sich wirklich gelohnt, schon alleine für den malerischen Blick auf die Hütten im Tal. Auf dem Zeltplatz war außer mir nur ein junges schottisches Paar, das zum Wandern hergekommen war. Es gefiel mir wirklich gut dort, und ich plante, den nächsten Tag ebenfalls hier die Umgebung ein wenig zu Fuß zu erkunden. Aber es kam natürlich wieder anders...
Bilder der Tages:

14. August 2001
Kerlingarfjöll-Gullfoss



Um 5:30 Uhr am Morgen bin ich schon wieder aufgestanden. In meinem Schlafsack war es reichlich kalt, um nicht zu sagen: ich hab darin ziemlich gefroren. Also wollte ich mich warmlaufen. Und da man von allen isländischen Bergen immer eine tolle Aussicht hat: natürlich bergauf!
Am Himmel waren nur einige sehr dünne Schleierwolken zu sehen, und im Nordosten über dem Eispanzer des Hofsjökull ging gerade die Sonne auf. Ein unvergesslicher Rundblick über das gesamte Kjölur-Hochland lag vor mir, die Berge der Kerlingarfjöll strahlten in all ihrer Farbpracht hinter mir. Ein unvergesslicher Morgen, der meinem Fotovorrat wiedermal gar nicht gut bekam.
Die Sonne schien zwar schon ins Tal, als ich zurück zum Zelt kam, aber kalt war es immernoch. Und durchgefroren wie ich war gönnte ich mir erstmal ein ausgiebiges Frühstück beim Hüttenwart. Andererseit wollte ich nun auch so schnell wie möglich ins hoffentlich wärmere Flachland. Also habe ich den einen Tag Aufenthalt gestrichen und bin statt dessen wieder zurückgeradelt, durch die paar Furten hindurch, auf die Hauptroute der F 37.
Von dort südwärts Richtung Gullfoss war einer der angenehmsten Teile des gesamten Urlaubs. Das Wetter war besser nicht zu wünschen, nachdem sich die Luft etwas erwärmt hatte, die Straße war weit weniger steinig und sehr gut zu fahren, und die Landschaft gefiel mir auch außerordentlich gut. Um mich herum wurde es auch wieder grüner, und die milchig blaue Gletscherlagune Hvítárvatn mit ein paar Eisbergen darauf tauchte als neuer landschaftlicher Höhepunkt zu meiner Rechten auf.
Die Straße war ziemlich eben, die paar Berge konnte man gut hochfahren ohne zu schieben. Erst hinter der Brücke über die Hvítá änderte sich das. Dort ging es steil bergauf, auf den Bláfell. Andererseits hatte ich von dort eine atemberaubende Aussicht auf das Hochland hinter mir und die Landschaft, die ich gerade durchradelt hatte.
Erst recht atemberaubend war aber die Aussicht auf das südliche Island, die ich von der Passhöhe direkt neben dem Steinhaufen aus hatte. Zwar hingen einige dunkle Wolken darüber, aber ich konnte dennoch bis zur Küste und darüber hinaus sehen. Weit vor mir sah ich auch einige kleine Dampfwolken aufsteigen, vom Geysir wie ich vermute. Aber da es schon spät wurde und ich noch ein ganzes Stückchen Weg vor mir hatte bis zum Gullfoss, habe ich mich doch wieder losgerissen von der Aussicht.
Auf der anderen Seite des Passes ging es nun steil und ausgiebig bergab. Sehr steil und sehr ausgiebig. Wenn die Straße nicht zusehends wieder schlechter geworden wäre, hätte man das richtig genießen können. Zumindest bis zum Tal der Sandá. Dort ging es nämlich nicht nur bergab, sondern auf der anderen Seite auch mindestens genauso steil wieder bergauf. Und die Straße wurde wieder richtig unangenehm, mit vielen großen Schlaglöchern.
Eine hübsche Überraschung hatte die Strecke aber noch zu bieten: Ein zweiter, baugleicher Anhänger kam mir entgegen, als treuer Begleiter eines schweizer Paares. Natürlich kamen wir kurz ins Gespräch, es waren die ersten Radler die ich an dem Tag sah.
Nur wenig später kam ich auch schon am Gullfoss heraus. Und auch wenn die dicken Reisebusse schon alle weg waren, war es voll, verglichen zum kargen Hochland, das ich hinter mir hatte. Immerhin hab ich ein gutes Bild mit Abendlicht und Regenbogen knipsen können. Damit der Regenbogen richtig genau über dem Wasserfall steht, hätte ich aber wohl schon um 16 Uhr nachmittags kommen sollen.
Übernachten wollte ich ursprünglich am Geysir, aber da ich schon wieder genug von überlaufenen Touristenattraktionen hatte und an einem kleinen Abzweig zu einem noch kleineren Zeltplatz vorbeikam, kam es wiedermal anders als geplant. Allerdings stellte sich heraus, daß der Zeltplatz zu einem Nobelhotel gehörte, und als ich dort als heruntergekommener Biker hereinspazierte und bezahlen wollte, kam ich mir doch reichlich deplatziert vor (gedämpfte Musik, alles piekfein und sauber...). Aber der Zeltplatz war in Ordnung, und ich viel zu geschafft, nach diesem Tag.
Bilder der Tages:

15. August 2001
Am nächsten Tag war ich immer noch reichlich geschafft, und wollte mir einen "Pausetag" gönnen. Unter anderem zum Postkarten schreiben. Morgens war ich nochmal ohne Gepäck nur per Rad am Gullfoss. Zu meiner Freude habe ich dort ein Tandem mit Anhänger gesehen. Von den Eigentümern fehlte aber jede Spur. Und die Touristenbusse hatten die Gegend auch schon wieder voll unter Kontrolle.
Also zurück zum Zeltplatz, Sachen packen und weiterfahren. Zum Geysir. Noch mehr Trubel als am Gullfoss. Da ich den Geysir aber sowieso schon kenne, hat mich das auch nicht mehr allzusehr gestört. Zu meiner Überraschung brach auch der "Große Geysir" aus, allerdings nicht besonders spektakulär. Mehr in die Breite als in die Höhe. Und außerdem von einer dicken Dampfwolke umhüllt. Nicht wirklich spektakulär, aber wenn man bedenkt, daß er sich jahrelang gar nicht gerührt hatte, trotzdem nicht schlecht.
Wenigstens gab es an der Tankstelle noch eine gute Auswahl an Postkarten, aber mehr hat mich dort nicht länger aufgehalten. Auf den Straßen durch das grüne, südliche Flachland habe ich eigentlich noch einen Brúarfoss besuchen wollen. Aber irgendwie habe ich den nicht recht gefunden. Immerhin war es auch recht angenehm mal wieder gute Straßen unter den Reifen zu haben, egal wohin.
In Skálholt habe ich dann die berühmte Kirche besucht und das kleine, angeschlossene Museum. Ein historisch (für Island) etwa genauso bedeutender Ort wie Þingvellir, manche "Golden Circle"-Bustouren machen dort sogar halt. Danach hab ich es mir in der Gewächshausstadt Laugarás am Zeltplatz gemütlich gemacht, und während eines kleinen Regenschauers meine Postkarten geschrieben.
Der Ort war wiedermal sehr ungewöhnlich. Ich habe nur Gewächshäuser, große grüne Hecken und die Tankstelle gefunden. Keine richtigen Wohnhäuser, keine richtige Post, wo es Briefmarken gibt, und auch KEIN Freibad! Immerhin war der Zeltplatz recht nett.
Bilder der Tages:

Der Übersicht wegen gibt es diesen Reisebericht auf mehrere Teile aufgespalten:
Gesamt Teil 1 Teil 2

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