2. August 2001 |
Am 2. August ging es los. Und dies war eigentlich der schlimmste Tag des ganzen Urlaubs, wenn man ihn schon dazuzählen will. Voll bepackt bei Mittagshitze Treppen runter und vor allem rauf. Es gibt zwar fast überall Aufzüge, aber mit Anhänger passt man da recht schlecht hinein, sodass als angenehmste Alternative die Rolltreppe übrigblieg (trotz der "Fahrrad verboten" Schilder). Ich hatte sogar noch ne Menge Pappe zum Einpacken dabei, aber beim einchecken haben sie mein Rad einfach so genommen, mit eingedrehtem Lenker. "Das ist am einfachsten so". Na solange sie nichts dran kaputt machen... Die Sicherheitskontrolle hat mich natürlich wieder komplett auseinandergenommen, mit Benzinkocher und Fahrradwerkzeug im Handgepäck. Aber sie haben mich dann doch nur als harmlosen Verrückten eingestuft und durchgelassen. Im Flugzeug hieß es, in Island soll es regnen. Aber das war dann nicht der Fall. Nur dunkel war es. Und das ist keineswegs selbstverständlich, wenn man im Sommer nach Island fährt. Trotzdem hab ich noch den Weg zum Zeltplatz in Keflavík gefunden und dort mein Zelt aufgebaut bekommen. |
3. August 2001 Þingvellir |
Am Morgen wurde ich gleich mal von einem strahlend blauen Himmel empfangen. Aber einem recht kühlen Wind. Der störte mich anfangs nicht weiter, denn erstmal war ich im Supermarkt direkt neben dem Zeltplatz einkaufen, und hab meinen Benzinkocher aufgetankt. Danach noch kurz alle Schrauben an meinem Fahrrad überprüft, festgestellt, daß noch alles dran war, und gepackt. Dann ging es erst richtig los. Als erstes Ziel hatte ich mir Reykjavík gesetzt. Anfangs hatte ich noch ein kurzes Stückchen den Wind von hinten, aber dann ging es ab auf die Hauptstraße. Mit starkem Seitenwind und leider nicht weniger starkem Verkehr. Immerhin schien die Sonne. Diese Strecke werde ich beim nächsten Mal jedenfalls meiden, oder in der Nacht fahren, wie es etliche andere gemacht haben. Und Reykjavík genauso. Immer wieder hab ich dort vergeblich versucht, die mehrspurigen Hauptstraßen zu verlassen. Aber die meisten kleineren Wege waren Sackgassen oder für Fußgänger konzipiert. So bin ich dann auch einmal gestürtzt, als ich mit vollbeladenem Anhänger versucht habe, ein paar Stufen hinunterzufahren... Kurzerhand habe ich umgeplant, und bin gleich weitergefahren Richtung Þingvellir. Und ich war heilfroh, als ich wieder draußen war aus dem Großstadtgebiet und auch die "Autobahn" nach Mossfell hinter mir lag. Dort endlich zweigte ich auf die 36 nach Þingvellir ab, eine ruhigere Landstraße. Aber immernoch durchgehend asphaltiert. Und es ging ständig bergauf. Aber dafür entschädigte ja der Sonnenschein. Als ich am Abend dann ankam war ich zwar etwas erschöpft, aber recht froh über meine erste Tagesetappe von ca. 80 km. In Þingvellir selber war um diese Tageszeit recht wenig los, was mich angenehm überraschte, da ich den Ort bisher nur mit mehreren Reisegruppen darinnen kannte, die sich über die ganze Gegend verteilten und überall herumspazierten. So war es ein guter Einstieg in den Urlaub, und ich konnte zwischen den bizarren Felswänden und der Heidelandschaft Abstand gewinnen zu den Städten, Autos und dem Alltag. Bilder der Tages:
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4. August 2001 Kaldidalur |
Immernoch hielt sich das gute Wetter. Und an diesem Tag nahm ich endgültig "Abschied von der Zivilisation". Ins Hochland, über die Kaldidalur-Route und den angeblich höchsten Pass Islands nach Húsafell. Zunächst machte die Straße noch einen recht guten Eindruck, und die ersten paar Kilometer waren noch asphaltiert. Das änderte sich aber bei der ersten größeren Steigung, die ich gleich photografisch dokumentieren mußte. Und bei dieser einen blieb es nicht lange. 20% Steigungen und dabei lockerer Schotteruntergrund. Wenigstens das Wetter meinte es gut mit mir, und ich hatte KEINEN Gegenwind. Trotzdem spürte ich jetzt, was es heißt, im isländischen Hochland alleine zu radeln. Um mich herum verschwand zusehends das Grün, mehr und mehr war ich von einer einsamen Geröllwüste umgeben. Der Verkehr nahm rapide ab, kein Vergleich zum Vortag auf den Straßen in der Nähe der Hauptstadt. Eine atemberaubende Landschaft lag um mich, immer wieder mit tollen Ausblicken auf Gletscher, Täler und flache Vulkankegel. Auch wenn diese Ödnis vielleicht nicht jedermanns Sache ist, ich war froh endlich wieder in Island zu sein. Aber von Süden, also mir hinterher, kamen dunkle Regenwolken, und als ich endlich auf der Passhöhe angekommen war, fürchtete ich fast, mein Regenzeug auspacken zu müssen. Bei einer verdienten Pause dort oben jedenfalls geschah zum ersten Mal, was mir noch oft passieren sollte: Ich, mein Fahrrad, und vor allem mein Anhänger wurden fotografiert, um in irgendwelchen Fotoalben als "der Verrückte mit dem Anhänger" zu enden. Abwärts fahren war danach wieder eine pure Freude. Mit 40 km/h und mehr über die isländischen Holperpisten. Und dank Anhänger hatte ich auch fast gar keine Probleme mit dem Gleichgewicht, den Speichen oder irgendwelchen lapperigen Gepäckträgern. Bloß war es recht windig, so daß ich unterwegs mehrmals fast angehalten hätte, um meine dicke Jacke anzuziehen. Aber jedesmal war das Ausrollen ein solcher Genuß, daß ich mir das mit dem Frieren nochmal grüdlich anders überlegt habe. Auf dem Stück bergab habe ich jedenfalls die Wolken wieder abgehängt, so daß mich danach wieder ein recht freundlicher blauer Himmel angestrahlt hat. Die letzte Etappe bis Húsafell war somit ein Kinderspiel, teilweise sogar wieder asphaltiert. Mein Fahrrad hatte den ersten Härtetest gut überstanden, und ich freute mich darauf, endlich mal wieder isländisch Baden zu gehen! In Húsafell erwartete mich jedoch ein ganzer Zeltplatz voller Jeeps mit den dazugehörigen Isländern. Sie feierten dort, wie jedes erste Augustwochenende, den "Bankfeiertag". Mit einem großen Feuer, Live-Musik und natürlich viel Brennivín. Wer in Island wirklich nur Einsamkeit sucht, sollte Húsafell Anfang August meiden! Ich jedenfalls bereue es nicht, mitten in die "Festlichkeiten" hineingeplatzt zu sein, und so auch einen kleinen Einblick in das Leben der Isländer gewann. Ich hatte auch recht nette Zeltnachbarn dort, eine der wenigen nicht-isländischen Touristenfamilien. Holländer mit Leihwagen, einem auffälligen roten Geodätenzelt und allerlei Outdoor-Schnickschnack. Später hab ich sie unerwarteterweise nochmal wiedergetroffen. Bilder der Tages:
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5. August 2001 |
Am nächsten Morgen war ich wohl einer der Ersten weit und breit, die wach waren. Jedenfalls war das Wetter schlechter geworden. Ziemlich bewölkt. Aber wenigstens der Regen ließ noch eine Weile auf sich warten. Meine Sachen waren schnell gepackt (ein weiterer Vorteil des Anhängers), und ich war bald wieder unterwegs. Richtung Borganes. Am liebsten wäre ich gleich zur Snæfellsnes weitergefahren, aber die Straßen sahen mir etwas zu sehr nach Sackgassen aus, so daß ich den kleinen Umweg lieber in Kauf nahm. Eine erste Pause hab ich schon nach wenigen Kilometern eingelegt, bei den Wasserfällen Hraunfossar und dem Barnafoss direkt daneben. Ich hatte fast schon befürchtet, am Tag zuvor irgendeine Abzweigung verpasst zu haben, denn meine Karte war reichlich ungenau, und ich wußte nur, die Hraunfossar müßten irgendwo hier in der Gegend sein. Aber in Island führen die meisten Straßen ja direkt zu den Sehenswürdigkeiten hin, also war meine Furcht unbegründet. Weiter ging es auf der 518, wieder ohne Asphalt, bis zu einem Reykholt (mir sind später noch ein paar andere Reykholts begegnet). Nicht weit von dort liegt Europas ergiebigste Thermalquelle, Deildartunguhver. Dampf sieht man überall in der Gegend aufsteigen. Und frisches isländisches Gemüse kann man dort auch kaufen. Schließlich wird die Erdwäre auch zum Gewächshäuserheizen genutzt. Nur konnten auch die warmen Dämpfe und die heiße Quelle nicht darüber hinwegtäuschen, daß es merklich kälter war, und es nun auch anfing, ein wenig zu tröpfeln. Jedenfalls kämpfte ich mich tapfer weiter auf der 50 erst ein wenig nach Norden, dann nach Westen bis zur Ringstraße. Hier war wieder deutlich mehr Verkehr, und auf dem Highway Nummer 1 wars wieder beinahe unerträglich. Obwohl die Waldlandschaft abseits der Strecke durchaus recht hübsch war. Ich war froh, als ich endlich in Borganes mein Zelt aufgebaut hatte, wenigstens ein trockenes Plätzchen. Viel zu bieten hatte der Zeltplatz nicht. Er soll wohl renoviert werden. Jedenfalls war er kostenlos, und so einfach eingerichtet wie kaum einer. Natürlich machte ich mich gleich auf, das Bad zu suchen: ein Freibad ist genau das richtige nach einem anstrengenden, verregneten Tag. Auch meine Vorräte hatte ich wieder aufgestockt, wenn ich schon mal wieder an einem Supermarkt vorbeikam. Und auch wenn ich unterwegs zum ersten Mal keinen einzigen anderen Radler getroffen hatte, waren hier am Zeltplatz noch zwei Holländer. Und natürlich wurde wieder mein Anhänger bestaunt. Aber ich verkroch mich recht bald in mein Zelt und hörte den Regentropfen beim trommeln auf das Aussenzelt zu. Ich war reichlich geschafft, und gewöhnte mich gerade erst wieder an das typische Islandwetter. Bilder der Tages:
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6. August 2001 Snæfellsnes |
Mit dem Packen wartete ich am nächsten Tag auf eine Regenpause. Die hielt sich dann sogar noch eine ganze Weile, während ich auf der 54 Richtung Norden fuhr. Wieder mit sehr wenig Verkehr zum Glück. Sonst hätte es mir wohl schon nach ein paar Kilometern beim Eldborg gereicht, einem recht eigenartig geformten Krater, und ich hätte die Tagesetappe wieder beendet. Aber so bin ich gleich weitergeradelt, ohne hinzuwandern und hineinzuschauen. Ein andermal vielleicht. Bei Regen bin ich dann, gut verpackt in die entsprechenden Klamotten, weiter dahingefahren auf der flachen Asphaltstraße mit steilen Bergen zur Rechten und dem Meer zur Linken. Wenig abwechslungsreich zwar, aber das lag vielleicht auch an Wolken, die alles verhüllt haben, was mehr als 100m entfernt war. Mit drei anderen Radlern (alle die mir an diesem Tag begeneten) kam ich noch ein wenig ins Gespräch. Über das Wetter natürlich. Und meinen Anhänger. Der hat mich wohl auch bei den isländischen Autofahrern, die fast alle hupend und winkend überholt haben, unvergesslich gemacht... :) Jedenfalls wollte ich eigentlich nach Buðir kommen, wo es eine schöne, schwarze Kirche und angeblich einen sehr langen Lavatunnel zu sehen gibt. Der Weg schien gar kein Ende nehmen zu wollen, und nur weil es anfing, zu regnen aufzuhören, konnte ich mich überwinden, weiterzuradeln. Wie enttäuscht war ich, als ich dann bei der Abzweigung nach Buðir angekommen ein Schild sah, der Zeltplatz sei diese Saison geschlossen. Aber da ich keine Lust hatte, wild zu zelten zwischen den Weiden und Straßengräben, und auch das Lavafeld nicht gar so einladend aussah, bin ich der Einfachkeit halber noch 20 km weitergefahren nach Arnastapi. Was für eine Freude dort nach einem sehr langen Tag (ca. 120km) erstmal einen heißen Tee von den Holländern aus Húsafell (mit dem auffälligen roten Geodätenzelt) angeboten zu bekommen. Sie hatten sich genügend Zeit für die Snæfellsnes-Halbinsel genommen, daß ich sie per Fahrrad wieder eingeholt hatte. So wurden wir einmal mehr Zeltnachbarn. Die Küste von Arnastapi, die zu einem kleinen Abendspaziergang einlud, hat mir schon beim letzten Mal sehr gut gefallen. Und dieses Jahr hatte ich auch noch genügend Fotofilme um ein paar Bilder zu machen. Aber bald schon hab ich mich lieber in mein Zelt gelegt zum Schlafen. Bilder der Tages:
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7. August 2001 Snæfellsnes |
Den Regen hatte ich am Vortag endgültig hinter mir gelassen, ebenso die Asphaltstraße und mit ihr den größten Teil des ohnehin spärlichen Verkehrs. Am nächsten Morgen war wieder richtiges Sonnenwetter. Da fiel es gleich viel leichter, alles einzupacken, und mich aufs Rad zu schwingen. Eigentlich hatte ich mir ja für den Tag nur die Strecke bis Ólafsvík vorgenommen, also um die Spitze der Halbinsel herum. Etliche kleine Abstecher am äußersten Ende der Snæfellsnes, zu alten Siedlunsplätzen oder zu Leuchttürmen und Vogelfelsen hätten mich gereizt. Aber es kam wie üblich ganz anders. Denn während ich so gemütlich dahinpedalierte, kamen von Süden her doch noch dunkle Wolken immer näher. Und spätestens kurz hinter dem Hinweisschild für den neuen Nationalpark Snæfellsnes wurde die Straße rapide schlechter. Es gibt dort draßen ja auch nicht mehr viel, was eine gute Straße nötig hätte. Die Touristen sind spärlich in dieser Ecke Islands. Als ich trotzdem mehr und mehr um den Snæfellsjökull herumkam, fiel mir auf, wie viel weniger dunkle Wolken doch auf der anderen Seite der Berge waren. Also strich ich einige der Abstecher. Die Gegend ist ohnehin schön genug um noch ein paar mal öfter dort vorbeizukommen. Und der Berg mit seinem schneebedecktem Gipfel, den ich die ganze Zeit rechts von mir hatte, hat meinen Fotovorrat auch schon genug dezimiert. Aber während ich mich noch freute, den Wolken entkommen zu sein, fiel mir mehr und mehr ein neues Problem auf. Nicht etwa die Straße, an die hatte ich mich schon gewöhnt. Aber der Wind! Genau von vorne! Und das auch nicht gerade schwach! Seither habe ich die Theorie, daß man als Radler in Island immer entweder mit Regen oder mit dem Wind zu kämpfen hat. Beides zusammen ist selten, aber keines von beidem ist erst recht selten. Trotzdem erreichte ich nach den wohl anstrengendsten paar Kilometern der ganzen Reise in Hellisandur wieder eine Teerstraße. Durch die Vogelkolonie direkt auf der Straße nach Ólafsvík bin ich unbeschadet durchgekommen, auch wenn ich mir dabei manchmal einen Helm gewünscht hätte. (Wer die Sturzflüge der aggressiven Vögel dort kennt, versteht was ich meine!) In Ólafsvík machte ich dann nur eine kurze Pause, stattete dem örtlichen Supermarkt einen kurzen Besuch ab, und nutzte auch den Geldautomaten um meine Barschaft etwas aufzufrischen. Island ist teuer. Außerdem fand ich erwartungsgemäß den Wagen der Holländer vom Vortag. Sie waren auf einer WhaleWatching Tour, weit draußen am Meer. Das gute Wetter und die angenehme Teerstraße wollte ich noch ausnutzen, trotz Gegenwind. Also ging es weiter. Stykkishólmur hatte ich mir vorgenommen, aber es kam (wie immer) anders. Denn bis Grundarfjörður bei etwa der Hälfte der Strecke gab es noch einen ordentlichen Pass zu überwinden. Der hat mir dann den Rest gegeben, so daß ich nur noch möglichst bald in mein Zelt oder einen Hot-Pot wollte. Oder beides. Der Wunsch wurde mir erfüllt, aber wenn ich noch ein paar Meter weitergefahren wäre, hätte ich östlich von Grundarfjörður noch einen viel schöneren Zeltplatz gefunden, als den kostenlosen oberhalb des Ortes, direkt neben dem Bad. Das letzte Abendlicht wollte ich noch nutzen um meine alte, abgenutzte Fahrradkette umzudrehen, hab mich dabei aber irgendwie recht ungeschickt angestellt. Aber das rächte sich erst am nächsten Tag. Bilder der Tages:
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8. August 2001 |
Der nächste Tag begann wieder trüb und wolkenverhangen. Aber es regnete immerhin nicht. Also hab ich meine Sachen gepackt und bin frohen Mutes drauflosgeradelt. Pah, denkste! Nach vielleicht 10 km, als es wiedermal ein Stückchen bergauf ging, riß die Kette. Immerhin riß zur selben Zeit auch die Wolkendecke auf, und das Blau am Himmel setzte sich mehr und mehr durch. Die alte Kette hab ich dann notdürftig geflickt, den Ersatz wollte ich mir noch für später aufheben. Also weiter auf der Teerstraße, vorbei am Berserkjahraun und quer durch das Helgafelltssveit. Kein Wind, kein Regen, einer der wenigen Ausnahmetage. Auch wenn ich ursprünglich Stykkishólmur als Rastplatz eingeplant hatte, bin ich einfach daran "vorbeigeflogen". Danach ging es etwas langsamer voran, denn der Asphalt wurde wieder von einer Schotterpiste abgelöst. Aber die war in gutem Zustand, und es war recht angenehm dort zu radeln. Der Álftafjörður schnitt sich tief ins Landesinnere, ich brauchte fast zwei Stunden, um ganz drum herum zu kommen. Aber bei dem Sonnenwetter, das ich mittlerweile wieder hatte, macht aus sowas richtig Freude. Denn bei Sonnenschein ist es in Island überall schön. Auch danach war rund um mich herum eine abwechslungsreiche Kulisse aus Felshängen, Hügeln, Bächen und ein paar Bäumen (also isländische "Bäume" natürlich). Ab und zu ein Gehöft eine Kirche oder ein paar Pferde hineingesetzt und darüber ein strahlend blauer Himmel, da macht Radeln Spaß! Die Zeit verflog, die Kilometer ebenso. Erst kurz vor Búðardalur, als ich von der 57 auf die 60 einbog, gab es wieder Asphalt. Und entsprechend auch ein wenig mehr Verkehr. Als ich dann nach wiedermal über 100 km in Búðardalur mein Zelt aufbaute, hatte ich die gerissene Kette vom Morgen schon fast wieder vergessen. Andere Radler hatte ich keine mehr getroffen, wie schon am Vortag. Die meisten Touristen in der Gegend nutzen die Fähre von Stykkishólmur aus in die Westfjorde. Angeblich verpassen sie so aber gerade die schönste Ecke der Westfjorde, nämlich deren Südküste. Das kann ich zwar (noch) nicht beurteilen, aber schon die einsame Nordküste der Snæfellsnes hat mich sehr beeindruckt, und wenn ich mal die Wahl zwischen der Fähre und dem langen Weg um die Bucht herum habe, weiß ich jetzt schon, wie ich mich entscheide. Bilder der Tages:
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9. August 2001 |
Auch dieser Tag begann wieder stark bewölkt, aber ohne Regen. Nachdem ich doch noch einen kurzen Blick auf das defekte Kettenglied geworfen hatte, nahm ich Abschied vom seltsamen Ort Búðardalur. Er besteht eigentlich nur aus einigen Läden und einem kleinen Hafen, und lebt vermutlich von den Bauern aus dem Umland. Gehöfte hab ich jedenfalls noch etliche gesehen, entlang der 59 durch das Laxárdalur. Blauen Himmel nicht. Es blieb aber trocken, und als ich auf der Passhöhe der Laxárdalsheiði ankam, lag wieder besseres Wetter vor mir. Also bin ich ausnahmsweise mal mit Rückenwind die paar Kilometer zur Ringstraße gerast, um danach auf der anderen Seite des Hrútafjörður wieder das ganze Stück in der anderen Richtung, nach Norden zu fahren. Dann natürlich mit dem Wind von vorne. Immerhin, die Sonne schien. Und wenn auf der Ringstraße nicht gar so viel Verkehr wäre, hätte es sogar schön sein können. So hat es mich in erster Linie darin bestätigt die Ringstaße zu meiden, wann immer möglich. Andere Radler machen das wohl genauso, auch an diesem Tag begegnete mir kein einziger. Ich war müde und vor allem froh, als ich den Zeltplatz von Hvammstangi erreichte. Und erst recht freute ich mich natürlich, als ich das örtliche Bad fand. Baden ist immer wieder ein Genuß in Island. Der Zeltplatz ist in Hvammstangi übrigens abgelegen und ruhig oberhalb des Ortes, sehr schön gelegen. Vielleicht lag es ja auch daran, daß ich schon wieder an die 100 km zurückgelegt hatte, aber der Weg in die Ortsmitte kam mir ziemlich weit vor. So beließ ich es bei einem kurzen Rundgang nach dem Bad und verkroch mich bald in meinen Schlafsack. Das erste richtig harte Stück der Kjölur Hochlandroute, lag fast unmittelbar vor mir, und ich wußte nicht recht, wie ich den nächsten Tag angehen sollte. Also vertagte ich alle Entscheidungen wiedermal auf wann anders. Bilder der Tages:
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10. August 2001 Vatnsnes |
Da ich meinem "Zeitplan" um mindestens einen Tag voraus war, beschloß ich diesen Tag langsam angehen zu lassen, und nur bis Blönduós zu fahren. Und da mir schon am Vortag die Ringstraße zu belebt war, beschloß ich weiterhin, einen Abstecher entlang der Küste, rund um die Halbinsel Vatnsnes zu machen. Sonst wäre es doch ein bißchen zu wenig gewesen, einfach nur die 50 km herunterzukurbeln. Also packte ich wieder frühzeitig alles zusammen, und los ging es. Das Wetter war anfangs wieder leicht bewölkt, besserte sich aber zusehends. Und schon kurz hinter Hvammstangi geschah es wieder mal: Ich landete als "der verrückte Radler" im Fotoalbum. Eine italienische Reisegruppe hat extra die Superjeeps gebremst, einige sind dann sogar ausgestiegen, um mich besser ins Bild zu rücken. Ich selbst hab wohl viel weniger Bilder mit mir drauf, als mancher andere... Zu diesem erheiternden Erlebnis kam noch die schön zu fahrende Straße, und auch der Himmel klarte wieder richtig auf, um schon bald in vollem Blau zu erstrahlen. Die Landschaft war ähnlich abwechslungsreich wie an der Nordküste der Snæfellsnes. Verkehr gab es so gut wie gar keinen. Bloß ein paar Schafe waren auf der Straße. Laut einem Faltblatt vom Zeltplatz in Hvammstangi bin ich in Illugastaðir am Schauplatz eines grausigen Mordes vorbeigefahren, aber erst in Hindisvík machte ich eine längere Pause. Dort lebte lange Zeit Sigurður Norland, ein bedeutender isländischer Dichter und Denker. Und eine der größten Seehundekolonien Islands gibt es dort auch. Aber leider nur, wenn man ein Fernglas dabei hat. Ansonsten kann man die Tiere kaum von den Felsen unterscheiden, auf denen sie weit draußen im Meer liegen. Sehr viel eindrucksvoller fand ich den Felsen Hvítserkur, einige Kilometer weiter. Der markante Felsen mit den zwei Toren war mir zwar schon von vielen Bildern bekannt, aber ich wußte gar nicht, daß er ausgerechnet dort liegt. Der Weg von der Straße zum Parkplatz war mir mit dem Fahrrad zu steil, aber man kann ihn natürlich auch gut zu Fuß laufen. Sogar einen kleinen Zeltplatz gibt es dort, aber den hab ich noch nicht in Anspruch genommen. Statt dessen bin ich wieder mit leichtem Rückenwind weit ins Landesinnere geradelt, leider auf der 711, nicht auf der 717, wo es angeblich bei Borgarvirki einen tollen Aussichtspunkt gibt. Egal, ein kurzes Stück Ringstraße ließ sich wieder mal nicht vermeiden. Und ein starker Gegenwind, den ich ja zuvor von hinten hatte, ebensowenig. Und hinter mir in den Bergen waren wieder dicke Wolken, die bedrohlich näher kamen, trotz meines Gegenwindes. Auch wenn es ein schöner Abstecher war, ich war froh, als ich in Blönduós noch rechtzeitig vor dem Regen mein Zelt aufgestellt hatte, und dort zum ersten mal seit Tagen auch wieder andere Radler sah. Bilder der Tages:
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11. August 2001 Kjölur |
Bloß irgendwie hatte ich verschlafen, daß der Supermarkt am Samstag erst um 10 Uhr aufmacht. Also mußte ich am nächsten Morgen lange mit dem Frühstück warten. Mein Keksvorrat war nämlich aufgebraucht. Bevor ich ins Hochland aufbrach, wollte ich außerdem noch ein paar andere Vorräte besorgen. So bin ich erst gegen 12 Uhr losgekommen. Leider hatte ich aber nicht nur meinen Keksvorrat aufgebraucht, sondern auch meinen Vorrat an gutem Wetter. Eigentlich hatte ich gehofft, daß die Wolken sich im Laufe des Vormittags wieder lichten würden, aber statt dessen wurden sie nur noch dichter, und als ich endlich losfuhr, fing es sogar an zu regnen. Auf der 731 wollte ich zum Blöndudalur, und dann auf zur F 37, der Kjölur Hochlandroute. Dies schien nicht nur mir die günstigste Route zu sein, und schon kurz hinter Blönduós traf ich zwei Radler vom Zeltplatz wieder. Werner und Ilse. Sie hatten in etwa das selbe vor, wie ich, also sind wir von da an kurzerhand zusammen weitergefahren, durch Regen und Nebel. Von der Landschaft war nicht viel zu sehen, und als wir endlich am Abzweig der F 37 ankamen, von unseren Klamotten und den Rädern auch nicht mehr. Die Schotterpisten können ganz schön dreckig werden, wenn es regnet und wenn man bergab mal ein bißchen schneller fährt spritzt der Schlamm natürlich wild durch die Gegend. Aber nicht zuletzt dafür gibt es ja Regenzeug. Ein kurzes Stück Straße am Wasserkraftwerk der Bladá war wieder asphaltiert. Das war auch besser so, denn es ging dort sehr steil bergauf. Da freuen sich nicht nur Autofahrer über einen festen Belag, denn auch beim Fahhradschieben rutscht man nicht gerne aus. Die Wolken waren auch weiterhin dicht um uns herum, aber es regnete nicht mehr ganz so stark, als wir endlich oben ankamen. Ilse meinte allerdings, ihre LowRider-Tasche wäre falsch gepackt und würde fast herunterfallen. Egal, wir fuhren weiter. Es ging einige Hügel rauf und runter, aber alles in allem kamen wir gut voran. Allerdings nur ein kleines Stück weit. Dann brach der LowRider von Ilse. Ein anderer war den beiden schon im Flugzeug beschädigt worden, und als er dann brach waren sie extra mit dem Bus nach Akureyri gefahren, um einen neuen zu kaufen. "Das war der teuerste LowRider den wir jemals hatten" fluchten die beiden... Die Tasche haben wir dann für den Rest des Tages einfach mit auf meinen Anhänger gepackt, und weiter ging es. Bei dem Wetter, das wir hatten, konnte man nicht wirklich etwas von der Landschaft sehen. Nur ab und zu sind wir an Seen vorbeigekommen, das haben wir gemerkt. Am Fuß eines Staudamms haben wir dann die Zelte aufgestellt, keiner wollte mehr so recht weiter, obwohl es endlich aufgehört hatte zu regnen. Etwa 65 km hatten wir geschafft und laut Karte war der See auf der anderen Seite des Dammes der Blödulón. Auch wenn der Boden recht steinig und die Straße nicht weit war, haben wir nach diesem Tag sehr gut geschlafen. Bilder der Tages:
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12. August 2001 Hveravellir |
Das Wetter hatte sich wieder gebessert über Nacht. Am nächsten Tag war es "nur noch" dicht bewölkt. Nach einem ausgiebigen Frühstück also alles wieder zusammengepackt und zurück den kleinen Hügel 'rauf zur Straße. Pah, denkste! Meine Kette riß wieder. Ich hatte sie extra noch geölt, da sie unter dem Regen- und Matschwetter vom Vortag ziemlich gelitten hatte. Und als Dank mußte ich jetzt das schmierige, ölige Teil runtermontieren. Denn jetzt war es wirklich Zeit für meine Reservekette. In 5 Minuten war das erledigt, und es ging tatsächlich weiter. Die Straße wurde wieder holperig und steinig, ähnlich der Kaldidalur-Straße. Aber die Landschaft schien irgendwie grüner und freundlicher zu sein. Schon nach wenigen Kilometern kamen wir nach "Áfangi", dem offiziellen Anfang des Kjalvegur. Mit Tankstelle, Imbiß und allem drum und dran. Aber da es grad so schön bergab ging hatten wir nur einen sehr kurzen Blick dafür übrig. Kurz darauf ging es auch schon wieder steil aufwärts, und wir ließen die Stauseelandschaft hinter uns. Dafür war das Wasser jetzt in Form von Nieselregen und Nebel um uns herum. Die Landschaft verschwand wieder im dicken Weiß, einzig ein paar Schafe direkt neben der Straße waren noch zu erkennen. Auf der Straße und auch an den zahlreichen "Aussichtspunkten" (für uns waren es eher Rastpunkte nach den Steigungen) begegneten uns nur einige Radfahrer aus der Gegenrichtung, ein paar Motorradler und nur wenige Autos. Viel Verkehr war also wirklich nicht. Immerhin hörte es nach einiger Zeit wieder zu regnen auf und es brachen sogar ein paar Sonnenstrahlen durch die Wolken. Bei einer Schutzhütte direkt an der Straße haben wir dann eine ausgiebige Rast gemacht bei toller Aussicht auf den Hofsjökull und ein paar Tassen Tee. Ilse hatte gerade an diesem Tag Geburtstag, und das wurde somit ein wenig gefeiert. Wir sind dann den dunklen Wolken über dem Kjölur-Tal entgegengefahren. Und langsam wurde auch die Straße schlecht. Richtig schlecht. Mit vielen großen Steinen und "Wellblech" und dazwischen Sand. Aber das war ja schließlich zu erwarten. Was muß man denn auch mit dem Fahrrad ins isländische Hochland fahren... Es kamen noch einige Steigungen, die aber eigentlich nur wegen der schlechten Straße zum Schieben einluden. Andereseits wäre auch die Straße noch ganz gut befahrbar gewesen, wenn es nicht so bergig gewesen wäre. Als wir jedenfalls endlich in Hveravellir ankamen, waren wir alle froh und recht erschöpft. Belohnt wurden wir mit einem angenehmen Zeltplatz, einem wunderschönen Sonnenuntergang und - besonders erfreulich - einem tollen Pool unter freiem Himmel. Bilder der Tages:
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13. August 2001 Hveravellir-Kerlingarfjöll |
An diesem Tag war wiedermal nicht so recht klar, wie und wohin es gehen sollte. Werner und Ilse wollten möglichst bald das Hochland wieder verlassen, ich hatte aber noch genügend Spaghetti auf Vorrat, um mir noch ein oder zwei Tage Zeit zu lassen. Jedenfalls fuhren wir zusammen erstmal Richtung Süden, weiter auf der F 37. Dabei erwies sich der Anhänger schon bald wieder als Vorteil, denn mein Gepäck konnte nicht verrutschen, während Werner und Ilse immer wieder die Gurte nachspannen mußten, mit einem LowRider weniger als geplant. Immerhin war die Straße auch sehr steinig und buckelig und trug sicher auch noch ihren Teil dazu bei. Der Himmel war zwar wieder bewölkt, aber nach Regen sah es nicht aus. Durchschnittliches, trockenes Islandwetter eben. In einem weiten Bogen führte uns die Straße um das Lavafeld Kjalhraun, meisens recht eben mit nur wenigen kleinen Hügeln. Laut Karte gibt es dort auch den sehr flachen Schildvulkan Strýtur. Aber der war wohl zu flach, um irgendwie aufzufallen, und ich kenne ihn nur, weil ich schon öfters sehr ähnliche Beschreibungen gehört habe. Links und rechts der Straße waren nur noch öde Geröllfelder, keine Pflanzen mehr und erst recht keine Tiere. Zu hören war nichts außer dem Rauschen des Windes, und einem gelegentlichen Klappern der Fahrräder. So etwas kann man wohl nur zu Fuß oder mit dem Rad erleben. Mit dem Kasten eines Autos um sich fehlt da mindestens das Panorama-Erlebnis. Und das Gefühl für die ungeheure Weite der Landschaft, durch die man sich da bewegt. Auf der Straße kam nach einiger Zeit eine "Furt". Ein kleines Bächlein, oder einfach eine große Pfütze, um die man problemlos am Rand herumschieben konnte, ohne nasse Füße zu bekommen. Vermutlich als Touristenattraktion: "Wir sind im Hochland!". Jedenfalls war das im Nachhinein wohl die einzig "schwierige" Stelle auf der Kjölur-Hauptroute. Wenn man nichts gegen Steine und "Wellblech" auf der Straße hat. Die Steigungen und Berge auf diesem Stück waren alle gut befahrbar, nur selten steil genug um absteigen und schieben zu müssen. Und mit der Zeit wurde auch die Straße wieder besser. Es blieb weiterhin trocken, die Wolken standen hoch genug um uns den Blick auf die beiden Gletscher Hofsjökull und Langjökull nicht zu versperren und zeigten ab und zu sogar ein wenig blau! Rechts war, noch vor dem Langjökull, der Hrútfell zu sehen, und weit im Süden ragten die Kerlingarfjöll mit ihren eigenartigen Spitzen empor. Die machten mich neugierig. Und als wir an eine kleine Abzweigung in deren Richtung kamen, war ich zu dem Entschluß gekommen, daß ich dort langfahren wollte. Also trennte ich mich von Werner und Ilse und fuhr den holperigen Weg abseits der Hauptstrecke. Schon bald kam eine erste "richtige" Furt. Das Wasser stand mir sogar bis zu den Knöcheln! Aber dank der Watschuhe, die ich extra für sowas mitgenommen hatte, kein Problem! Etwas ernster war die nächste Furt, nur ein paar Kilometer weiter. Aber am Rand, wo die dicken Superjeeps noch keine tiefe Kuhle ausgefahren hatten, war es natürlich auch ein Kinderspiel. Nach einigen weiteren Kilometern stand noch ein Warnschild für eine Furt. Allerdings war dort scheinbar einige Tage oder Wochen zuvor eine Brücke gebaut worden. Recht knifflig war noch der letzte Anstieg vor den Berghütten Kerligarfjöll. Mehrmals bin ich auf dem losen Untergrund beim Schieben ausgerutscht. Aber der Abstecher hat sich wirklich gelohnt, schon alleine für den malerischen Blick auf die Hütten im Tal. Auf dem Zeltplatz war außer mir nur ein junges schottisches Paar, das zum Wandern hergekommen war. Es gefiel mir wirklich gut dort, und ich plante, den nächsten Tag ebenfalls hier die Umgebung ein wenig zu Fuß zu erkunden. Aber es kam natürlich wieder anders... Bilder der Tages:
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14. August 2001 Kerlingarfjöll-Gullfoss |
Um 5:30 Uhr am Morgen bin ich schon wieder aufgestanden. In meinem Schlafsack war es reichlich kalt, um nicht zu sagen: ich hab darin ziemlich gefroren. Also wollte ich mich warmlaufen. Und da man von allen isländischen Bergen immer eine tolle Aussicht hat: natürlich bergauf! Am Himmel waren nur einige sehr dünne Schleierwolken zu sehen, und im Nordosten über dem Eispanzer des Hofsjökull ging gerade die Sonne auf. Ein unvergesslicher Rundblick über das gesamte Kjölur-Hochland lag vor mir, die Berge der Kerlingarfjöll strahlten in all ihrer Farbpracht hinter mir. Ein unvergesslicher Morgen, der meinem Fotovorrat wiedermal gar nicht gut bekam. Die Sonne schien zwar schon ins Tal, als ich zurück zum Zelt kam, aber kalt war es immernoch. Und durchgefroren wie ich war gönnte ich mir erstmal ein ausgiebiges Frühstück beim Hüttenwart. Andererseit wollte ich nun auch so schnell wie möglich ins hoffentlich wärmere Flachland. Also habe ich den einen Tag Aufenthalt gestrichen und bin statt dessen wieder zurückgeradelt, durch die paar Furten hindurch, auf die Hauptroute der F 37. Von dort südwärts Richtung Gullfoss war einer der angenehmsten Teile des gesamten Urlaubs. Das Wetter war besser nicht zu wünschen, nachdem sich die Luft etwas erwärmt hatte, die Straße war weit weniger steinig und sehr gut zu fahren, und die Landschaft gefiel mir auch außerordentlich gut. Um mich herum wurde es auch wieder grüner, und die milchig blaue Gletscherlagune Hvítárvatn mit ein paar Eisbergen darauf tauchte als neuer landschaftlicher Höhepunkt zu meiner Rechten auf. Die Straße war ziemlich eben, die paar Berge konnte man gut hochfahren ohne zu schieben. Erst hinter der Brücke über die Hvítá änderte sich das. Dort ging es steil bergauf, auf den Bláfell. Andererseits hatte ich von dort eine atemberaubende Aussicht auf das Hochland hinter mir und die Landschaft, die ich gerade durchradelt hatte. Erst recht atemberaubend war aber die Aussicht auf das südliche Island, die ich von der Passhöhe direkt neben dem Steinhaufen aus hatte. Zwar hingen einige dunkle Wolken darüber, aber ich konnte dennoch bis zur Küste und darüber hinaus sehen. Weit vor mir sah ich auch einige kleine Dampfwolken aufsteigen, vom Geysir wie ich vermute. Aber da es schon spät wurde und ich noch ein ganzes Stückchen Weg vor mir hatte bis zum Gullfoss, habe ich mich doch wieder losgerissen von der Aussicht. Auf der anderen Seite des Passes ging es nun steil und ausgiebig bergab. Sehr steil und sehr ausgiebig. Wenn die Straße nicht zusehends wieder schlechter geworden wäre, hätte man das richtig genießen können. Zumindest bis zum Tal der Sandá. Dort ging es nämlich nicht nur bergab, sondern auf der anderen Seite auch mindestens genauso steil wieder bergauf. Und die Straße wurde wieder richtig unangenehm, mit vielen großen Schlaglöchern. Eine hübsche Überraschung hatte die Strecke aber noch zu bieten: Ein zweiter, baugleicher Anhänger kam mir entgegen, als treuer Begleiter eines schweizer Paares. Natürlich kamen wir kurz ins Gespräch, es waren die ersten Radler die ich an dem Tag sah. Nur wenig später kam ich auch schon am Gullfoss heraus. Und auch wenn die dicken Reisebusse schon alle weg waren, war es voll, verglichen zum kargen Hochland, das ich hinter mir hatte. Immerhin hab ich ein gutes Bild mit Abendlicht und Regenbogen knipsen können. Damit der Regenbogen richtig genau über dem Wasserfall steht, hätte ich aber wohl schon um 16 Uhr nachmittags kommen sollen. Übernachten wollte ich ursprünglich am Geysir, aber da ich schon wieder genug von überlaufenen Touristenattraktionen hatte und an einem kleinen Abzweig zu einem noch kleineren Zeltplatz vorbeikam, kam es wiedermal anders als geplant. Allerdings stellte sich heraus, daß der Zeltplatz zu einem Nobelhotel gehörte, und als ich dort als heruntergekommener Biker hereinspazierte und bezahlen wollte, kam ich mir doch reichlich deplatziert vor (gedämpfte Musik, alles piekfein und sauber...). Aber der Zeltplatz war in Ordnung, und ich viel zu geschafft, nach diesem Tag. Bilder der Tages:
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15. August 2001 |
Am nächsten Tag war ich immer noch reichlich geschafft, und wollte mir einen "Pausetag" gönnen. Unter anderem zum Postkarten schreiben. Morgens war ich nochmal ohne Gepäck nur per Rad am Gullfoss. Zu meiner Freude habe ich dort ein Tandem mit Anhänger gesehen. Von den Eigentümern fehlte aber jede Spur. Und die Touristenbusse hatten die Gegend auch schon wieder voll unter Kontrolle. Also zurück zum Zeltplatz, Sachen packen und weiterfahren. Zum Geysir. Noch mehr Trubel als am Gullfoss. Da ich den Geysir aber sowieso schon kenne, hat mich das auch nicht mehr allzusehr gestört. Zu meiner Überraschung brach auch der "Große Geysir" aus, allerdings nicht besonders spektakulär. Mehr in die Breite als in die Höhe. Und außerdem von einer dicken Dampfwolke umhüllt. Nicht wirklich spektakulär, aber wenn man bedenkt, daß er sich jahrelang gar nicht gerührt hatte, trotzdem nicht schlecht. Wenigstens gab es an der Tankstelle noch eine gute Auswahl an Postkarten, aber mehr hat mich dort nicht länger aufgehalten. Auf den Straßen durch das grüne, südliche Flachland habe ich eigentlich noch einen Brúarfoss besuchen wollen. Aber irgendwie habe ich den nicht recht gefunden. Immerhin war es auch recht angenehm mal wieder gute Straßen unter den Reifen zu haben, egal wohin. In Skálholt habe ich dann die berühmte Kirche besucht und das kleine, angeschlossene Museum. Ein historisch (für Island) etwa genauso bedeutender Ort wie Þingvellir, manche "Golden Circle"-Bustouren machen dort sogar halt. Danach hab ich es mir in der Gewächshausstadt Laugarás am Zeltplatz gemütlich gemacht, und während eines kleinen Regenschauers meine Postkarten geschrieben. Der Ort war wiedermal sehr ungewöhnlich. Ich habe nur Gewächshäuser, große grüne Hecken und die Tankstelle gefunden. Keine richtigen Wohnhäuser, keine richtige Post, wo es Briefmarken gibt, und auch KEIN Freibad! Immerhin war der Zeltplatz recht nett. Bilder der Tages:
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16. August 2001 Þjórsárdalur |
Die Wolken vom Vortag verzogen sich über Nacht, es stand wieder ein richtig schöner Sonnentag an. Das Zusammenpacken war schon längst zur Routine geworden, und schon bald war ich unterwegs. Erstmal einen kleinen Abstecher Richtung Fluðir, um endlich die Postkarten mit Briefmarken zu versehen und abzuschicken. Außerdem habe ich noch meine Vorräte in einem richtigen Supermarkt auffrischen wollen. Danach ging es endlich auf der einsamen 32 Richtung Landmannalaugar. Gut geteert und relativ flach geradeaus, bei Sonnenbrandwetter. Das Tal der Þjórsá, in dem ich unterwegs war, bot einiges an Abwechslung. Zunächst flache Hügel links von mir, die zusehends steiler aufragten und auch mehr und mehr bewaldet waren. Auf eine besonders herausragende Klippe führte eine kleine Straße, die ich teilweise schiebend auch erklomm. Von dort hatte ich dann eine herrliche Aussicht auf den Vulkan Hekla, der schon den ganzen Tag weit vor mir aus der Ebene aufragte. Auch wenn der Gipfel natürlich in Wolken hing, was wohl immer so ist. Im weiteren Verlauf gab es eine kleine holprige Nebenstrecke, die zum Hjálparfoss führte. Ein sehr schöner Wasserfall, auch ohne beeindruckend groß zu sein. Nur wenige Touristen scheinen sich zu den eindrucksvollen Basaltsäulen um ihn herum zu verirren. Überhaupt scheint das eine sehr schöne und sehr unbekannte Ecke Islands zu sein. Auch wenn zugegebenermaßen die vielen Stromleitungen und Staudammprojekte etwas stören... Nur wenig später zeigte sich, wofür ein guter Reiseführer nützlich hätte sein können. Es gab dort zwei als Museum gekenzeichnete Sehenswürdigkeiten: Stöng und Þjóðveldisbær. Wenn ich gewußt hätte, daß Stöng die zerfallenen Originalruinen und Þjóðveldisbær eine Rekonstruktion von diesen ist, hätte ich mir zuerst den rekonstruierten Hof angeschaut, und dann mit den Ruinen auch mehr anfangen können. Aber so habe ich gleich mal die steinige Abzweigung nach Stöng genommen. Dort fanden sich also die Grundmauern eines Hofes aus der Sagazeit, überdacht, aber mit nur wenig Beschreibungen. Dennoch, das Wetter war gut, und auch die nähere Umgebung war recht hübsch um ein bißchen zu wandern. Da es schon spät wurde und ich keine Lust mehr hatte, die steinige Straße zurückzuradeln, habe ich mein Zelt auch bald dort aufgeschlagen. Neben einer isländischen Familie, die zum Angeln unterwegs war. Eigentlich war ja wieder alles anders geplant. So hatte ich z. B. von einem wunderschönen Bad mitten im nirgendwo gehört, daß nun allerdings auf der anderen Seite des Tales war. Auch der Wasserfall Háifoss, den man schon deutlich sehen konnte, war etwas zu weit, um an dem Tag noch hinwandern zu können (nach ca. 2 Stunden hab ich wieder umgedreht). Aber immerhin hatte ich noch einen netten Abend mit den Isländern zusammen, die sich reichlich beeindruckt zeigten von einer Radtour durch Island. Bilder der Tages:
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17. August 2001 nach Landmannalaugar |
Am Morgen holte ich nach, was ich schon am Vortag hätte machen sollen: ein Besuch des Hofes Þjóðveldisbær. Wenn ich dort schon vorher gewesen wäre, hätte ich mir untern den vereinzelt herumiegenden Steinen bei Stöng auch deutlich mehr vorstellen können. Aber dann war es mit "flacher Straße" endgültig vorbei. Eine ordentliche Steigung wollte bewältigt werden, hinauf zu den großen Stauseen der isländischen Elektrizitätswerke. Dort oben wiederum war die Straße eben und schnurgerade. Mit dem Lineal gezogen wahrscheinlich. Zu meiner Überraschung kam ich auch an einem Zeltplatz vorbei, mit beschilderten Wanderwegen nach Stöng und zum Háifoss. Wenn ich das nur vorher gewußt hätte... Jedenfalls ging es so noch eine ganze Weile weiter, recht eintönig auf der flachen, asphaltierten Straße. Die 32 wurde zur F 26, aber die Landschaft um mich herum schien sich kaum zu ändern, als würde ich einfach nicht vorwärtskommen. Und ständig ragte die Hekla bedrohlich zu meiner Rechten in die Höhe. Einzig die Wolken boten etwas Abwechslung, und ich veranstaltete ein kleines Wettrennen mit ihnen. Noch bevor sie ihren Regen entließen erreichte ich die Containersiedlung Hrauneyja mit der Tankstelle. Dort gönnte ich mir ausnahmsweise mal ein richtiges Essen, denn das viele Radeln und die manchmal etwas magere Outdoor-Küche machen Hunger. Kurz vor der Weiterfahrt traf ich auch mal wieder einen anderen Radler, zum ersten mal seit längerem. Dann ging es wieder auf holprige Hochlandpisten, die F 22 Richtung Landmannalaugar. Bald schon fragte ich mich, ob das wirklich eine gute Idee war, denn es begann zu regnen und richtig ungemütlich zu werden. Aus den wenigen Autos, die mir noch begegneten, erntete ich zusehends bewundernde (als verrückt einstufende?) Blicke. Aber spätestens als ich all mein Regenzeug hervorgekramt hatte, machte mir das alles wenig aus. Auch die schlechte Straße und die steilen Berge störten kaum mehr, denn ich war zusehends von den beeindruckenden Farben und Formen des Fjallabak-Nationalparks umgeben. An ungezählten kleineren Kratern kam ich vorbei, von den größeren waren einige wie der Hnausapollur sogar beschildert. Die dominierenden Farben um mich herum wurden Schwarz und Rote Flecken dazwischen. Mit der Bustour, die ich zwei Jahre zuvor durch die Gegend machte, war das Erlebnis nicht zu vergleichen. Man ist einfach viel näher dran an der Landschaft, wenn man sich aus eigener Kraft hindurchbewegt, ohne Kasten und Fenster um sich herum. Und als der Frostastaðavatn in Sichtweite kam, kannte ich mich wieder aus. Von dort ist es nicht mehr weit bis zum Zeltplatz Landmannalaugar. Allerdings ist nochmal ein ordentlicher Pass dazwischen, von dem aus man dann auch eine gute Aussicht auf die Gegend hat. Zumindest bei weniger Wolken. Immerhin hatte es schon wieder zu regnen aufgehört, und als ich auf der anderen Seite wieder bergab fuhr, wußte ich, daß ich es heute nicht mehr weit hatte. Bald kam dann auch schon der Outdoor-Circus von Landmannalaugar in Sicht. Die Auswahl an verschiedenen Zelten würde wohl jeden Großhändler vor Neid erblassen lassen. Ebenso vielfältig sind natürlich deren Besitzer und ihre Fortbewegungsmittel. Von den Abenteuerpauschalreisenden bis zu Hochland-Extrem-Wanderern findet sich dort wohl alles. So war ich auch nicht überrascht, dort das Tandem mit Anhänger wiederzufinden, das ich schon ein paar Tage zuvor am Gullfoss stehen sah. Sogar Werner und Ilse, meine Mitradler vom Kjölur traf ich wieder. Eigentlich hatten die beiden ja auch andere Pläne, aber dann haben sie eine weitere Radlerin aus Deutschland getroffen, Tanja. Die hatte sie dann überredet, mit nach Landmannalaugar zu kommen. Das war schon ein lustiges Wiedersehen, am Abend beim um-die-wette-fauchen der verschiedensten Outdoor-Kochgerätschaften, benzinbetrieben, gasbetrieben, Esbitkocher und alles, was sich sonst noch verbrennen läßt. Allerdings wurde das Wetter wieder schlechter, und es fing wieder an zu regnen. Im angenehm warmen Wasser des Open-Air-Pools störte das später am Abend nicht weiter, aber beim Ein- und Aussteigen waren die Leute auffällig schnell unterwegs. Bilder der Tages:
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18. August 2001 Landmannalaugar |
Eigentlich war ich nicht zuletzt deswegen nach Landmannalaugar gekommen, weil ich beim letzten Mal so schlechtes Wetter hatte und vom Gipfel des Bláhnúkur fast nur Wolken gesehen hatte. Das war diesmal aber auch nicht anders, also hab ich mir den Anstieg gleich gespart. Statt dessen bin ich nach Norden losgewandert, dem Wegweiser nach Suðurnámur folgend. Über einige Bergrücken bin ich dann im Lavafeld am Frostastaðavatn herausgekommen. Richtig markierte Pfade gab es dort aber nirgends mehr, bestenfalls noch gut ausgetretne. Und da das Wetter sowieso eher verregnet als einladend war, hab ich schon bald lieber wieder umgedreht. Werner und Ilse waren gerade am Packen. Mit dem Bus wollten sie weiter, Richtung Skaftafell. Es war einfach zu viel Regen, die Straßen begannen richtig aufzuweichen, und an die vielen Furten auf dem Weg zur Eldgjá wollten sie lieber gar nicht erst denken. Ich selbst hoffte für den nächsten Tag noch auf besseres Wetter. So verlief denn auch der restliche Tag recht ereignisslos mit kurzen Wanderungen in die nähere Umgebung und Unterstellen, wo auch immer es nur ging. Am Abend kam Tanja reichlich durchnäßt von einer langen Wanderung zurück, auch nicht besonders begeistert von den vielen Wolken und der schlechten Aussicht. Wenigstens das Aufwärmen im heißen Fluß war wieder wirklich angenehm. Das Wetter wurde über Nacht nur noch schlimmer. Ein kräftiger Wind fegte über den Zeltplatz, der keinerlei Schutz vor soetwas zu bieten hatte. Schon bald hörte man Flüche in den verschiedensten Sprachen, und auch für mein eigenes Zelt hatte ich reichlich Bedenken. Der Boden war schon seit längerem naß, das nächste Mal werd ich einen zweiten, robusten und vor allem wasserdichten Unterboden mitnehmen. Bilder der Tages:
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19. August 2001 Eldgjá |
Auch gegen Morgen war keine Wetterbesserung in Sicht. Immerhin stand mein Zelt noch, wenn auch reichlich schief. Jedenfalls entschied ich mich, ebenso wie Tanja und am Tag vorher schon Werner und Ilse, den Bus zu nehmen. Mindestens bis zur Eldgjá. Auf einen Guten-Morgen-Spaziergang hatte ich nicht so recht Lust, also hab ich mich damit begnügt, meine Sachen reichlich naß zu packen und mich irgendwo unterzustellen. Bald genug kam schon der Bus, und alles war verstaut. Die Fahrräder natürlich vorne dran. Das Wetter war immernoch nicht besonders einladend. Einige Reiter erregten ein wenig Aufsehen als sie einen Fluß durchquerten, gerade als wir losfahren wollten. Beeindruckend, daß diese Pferde früher das einzige Fortbewegungsmittel waren. So hab ich dann doch nicht ganz alle Kilometer selbst abgestrampelt. Aber als ich die Straße und die Furten gesehen habe, war ich eigentlich auch ganz froh in dem hochachsigen Bus. Eine kleine Wegbeschreibung hab ich mir mitgekritzelt, für den Fall das ich nochmal mehr Glück mit dem Wetter haben sollte in dieser Gegend. In der Vulkanspalte Eldgjá waren noch zwei richtig tiefe Furten, die man aber nur durchqueren muß, wenn man zum Ófærufoss wandern will. Das war einst ein malerischer Wasserfall mit seiner Steinbogenbrücke. Aber die ist zusammengefallen, so daß es heute nur noch "ein ganz normaler Wasserfall" ist. Einen Besuch wert ist das Tal in jedem Fall. Vor allem wenn man sich überlegt, wie es wohl entstanden ist, wenn es schon "Feuerschlucht" heißt. Aber der Bus war an seinen Fahrplan gebunden, und nach 40 Minuten ging es schon wieder weiter. An einer kleinen Berghütte mit Zeltplatz etwas südlich kamen wir vorbei, aber ich ließ mich gleich weiterfahren nach Kirkjubæjarklaustur. Quer durch den westlichen Teil des riesigen Eldhraun Lavafeldes, das bei der Laki-Eruption im 18. Jahrhundert entstand. Mit dem machte ich später noch eine engere Bekanntschaft. Der Regen machte grade eine kurze Pause, als ich in "Klaustur" ankam. Ich hatte vor, am nächsten Tag, je nach Wetter, Lust und Laune vielleicht nach Skaftafell zu fahren. Aber erstmal stellte ich mein Zelt etwas zum Trocknen auf, solange das noch möglich war. Und ich plünderte endlich wieder einen Supermarkt. In der netten, überdachten Hütte auf dem Zeltplatz kam ich auch schnell mit einigen Landsleuten, ebenfalls aus Nürnberg, ins Gespräch. Und geschützt hinter den Hecken hatte ich eine ruhige Nacht. Bilder der Tages:
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20. August 2001 nach Skaftafell |
Es war zwar immernoch ein wenig regnerisch am nächsten Morgen, aber ich hab dann doch meine Sachen gepackt und bin losgeradelt. Nach Osten, zum nächsten Nationalpark in Skaftafell. Zwar fuhr ich ständig auf der Ringstraße, aber viele Autos bekam ich nicht zu Gesicht. Es ist einfach sehr wenig los, so weit weg von der nächsten richtigen Ortschaft. So hatte ich also eine gute Asphaltstraße fast ganz für mich alleine. Der Wind kam zwar von vorne, war aber nicht besonders stark. Also kam ich gut voran. Links von mir waren anfangs viele imposante Klippen. Ab und zu stürtzte sich ein Wasserfall von dort hinab. Besonders schön war einer mit dem passenden Namen Fagrifoss ("Schöner Wasserfall"). Und nicht weit von dort sind auch die Basaltsäulen Dvergarhammrar, wo einer Legende zu Folge Lichtelfen drinnen wohnen. Wenn man mit dem Rad nicht ohnehin so langsam unterwegs wäre, könnte man an diesem imposanten Ort glatt vorbeirauschen. Überall entlang der weiteren Südküste tauchten die markanten sechseckigen Säulen wiedermal auf und verschwanden wieder unter dichtem Gras. Als ich zwei Jahre zuvor mit dem Bus dort langfuhr, fiel mir das gar nicht auf. Ebensowenig wie der eigenartige Felsen Orustuhóll ein Stückchen weiter. Unvergessen blieb jedoch der westliche Teil des Lavafeldes vom Laki-Ausbruches. Eine große ebene Fläche mit sehr langweiler Straßenführung. Immerhin türmen sich die Basaltformationen zu beiden Seiten abwechslungsreich in die Höhe. Nach etwa einer Stunde (der Gegenwind hatte natürlich etwas an Stärke zugelegt) kam ich wieder in bergigeres Gelände. Schließlich kam auch der Lómagnúpur in Sicht, und kurz vor diesem der kleine Abzweig nach Núpsstaður. Bei der berühmten Torfkirche dort machte ich wieder ein längeres Päuschen. Aber schließlich blieb mir nichts anderes übrig, als die endlose Etappe durch die öde Sandfläche Skeiðarársandur in Angriff zu nehmen. Die längsten Brücken Islands sind dort, einspurig und mit Ausweichstellen. Ich kam immer problemlos über alle drüber, ohne auszweichen. Es war einfach kein Verkehr unterwegs. Bei der zweiten Brücke war sogar gerade ein Reitertrupp, der die ganze Straße in Anspruch nahm. Aber das störte niemanden. Nichteinmal mich, der ich es genoß eine Weile neben den Pferden herzuradeln. Jedenfalls war es ein unvergessliches Erlebnis, stundenlang nur Sand um sich zu sehen. Sand und ungezählte kleine Bäche, Seen und Flüsse. Alles was sich am Ende einer Gletscherzunge findet eben. Und zum Gletscher selber konnte man über eine kleine Geländewagenpiste (sogar als "Sehenswürdigkeit" angepriesen) auch noch näher heranfahren. Aber das ist wohl ein Abstecher, der sich bei blauem Himmel mehr lohnt, als bei dichten Wolken. Als ich endlich wieder eine richtige Landschaft um mich herum hatte, war ich erleichtert zu sehen, daß ich doch vorwärtskam, und mehr als nur Begrenzungspfosten vorbeizogen. Gleich darauf war ich auch schon angekommen, am Zeltplatz mit angebautem Supermarkt und Nationalparkverwaltung. Und ein freudiges Wiedersehen hatte ich auch mit Tanja, die schon am Tag vorher mit dem Bus hergekommen war. Bei Regenwetter kochten wir (und andere auch) bei den überdachten Außenplätzen des Restaurants. Eine lustige Gesellschaft kam wieder zusammen, wie auf den meisten isländischen Zeltplätzen, und gemeinsam ließ sich das schlechte Wetter auch viel leichter ertragen. Und natürlich im kleinen (aber beheizt und trocken war es) "Nationalparkmuseum". Nebenbei erfuhr ich auch, daß Werner und Ilse, meine Weggefährten vom Kjölur, erst vor wenigen Stunden weitergefahren waren zur Gletscherlagune Jökulsárlón. Für den nächsten Tag plante ich jedenfalls erstmal einen Ruhetag in Skaftafell ein, egal wie das Wetter würde. Tanja hingegen wollte weiterfahren, ebenfalls weiter nach Osten zum Jökulsárlón. Bilder der Tages:
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21. August 2001 Skaftafell |
Regen! Die ganze Nacht durch! Und am Morgen war es auch nicht besser! Und durch meinen Zeltboden sickert wieder lustig Wasser ins Innere... Typisches Freibadwetter also. Und da es in Skaftafell kein Freibad gibt: Regenzeug auspacken, loswandern und das Zelt Zelt sein lassen. Natürlich hab ich mich vorher noch von Tanja verabschiedet und ihr eine gute Fahrt gewünscht, und dann bin ich einsam über die sonst recht belebten Pfade durch den Nationalpark gewandert. Zunächst hatte ich die Hütten bei Sel anvisiert, mit Torfdach und offen zur Besichtigung. Die findet man wohl nur, wenn man weiß, wo man suchen muß, aus dem Faltblatt von der Parkverwaltung zum Beispiel. Aber ins Skaftafell gibt es mehr zu sehen, als nur Torfhäuser. Als nächstes wollte ich zum Aussichtspunkt Sjónarsker. Von dort hat man meist einen tollen Blick auf den Skeiðarárjökull sowie die Sandfläche an seinem Ende, die ich zuvor durchradelt hatte. Bei den Wolken an dem Tag war die Sicht zwar etwas getrübt, aber trotzdem die kurze Wanderung wert. Von dort ging es auf einem scheinbar recht unbekannten Weg ins Mórsárdalur, ein tief eingeschnittenes Tal mit Gletscherzunge am Ende. Der Weg wurde teilweise recht schlecht und war kaum noch von einem Bachbett zu unterscheiden. Aber bei festen Schuhen natürlich noch kein Problem. Ab und zu zeigte sich mittlerweile auch wieder die Sonne, und es gab mehrere herrliche Regenbögen zu beobachten. Im Tal dann gibt es einen Abzweig über eine Brücke der dann quer über die Sandfläche zu einem weiteren grünen Waldstück führt, Bæjarstaðarskógur. Ein anderer Weg führt weiter ins Tal hinein, bis zu einem kleinen See am Fuß des Gletschers. Angeblich konnte man auf diesen beiden Wegen auch um das ganze Tal herumwandern, genau das was ich vorhatte. Also bin ich weiter im Tal gewandert, Richtung Gletscher. Im Wald und Buschwerk war es recht gut zu gehen, aber kaum kam ich auf eine offene Fläche, spürte ich, daß es nicht nur regnerisch war, sondern auch ziemlich windig. Mehrmals machte ich im Windschatten eines großen Felsens eine kleine Pause, und es war anstrengend, bis zum See zu gelangen. Aber es lohnte sich wiedermal. Ein paar Eisschollen schwammen auf dem Gletschersee, und ganz in der Nähe spannte sich auch wieder ein Regenbogen auf. Hinter einem großen Findling vor dem Wind geschützt machte ich eine längere Pause. Danach versuchte ich weiter mein Glück mit der Umrundung des Tales. Als ich aber nach einigen überbrückten Bächen den Weg verlor, ließ ich es lieber darauf beruhen, und kehrte um. Lange genug war ich sowieso schon unterwegs. Also ging ich auf dem selben Weg wieder zurück und traf zum ersten Mal an dem Tag auf andere Wanderer. Und anstatt direkt zum nassen Zelt zurückzukehren, wanderte ich noch die "kleine Runde" durch den Nationalpark. Also zum Svartifoss, nach wie vor einer der schönsten Wasserfälle die ich kenne, und dann zum Aussichtspunkt Sjónarnípa, hoch über dem Gletschereis des Skaftafelljökulls. Als ich schließlich nach gut acht Stunden wandern (keine zehn Leuten die ich unterwegs getroffen hatte) mein Regenzeug zum Trocknen aufhängte, sah mein Zelt auch schon wieder recht bewohnbar aus. Das Dach ist eben dicht, und der Boden ist nur dann undicht, wenn man sich zu sehr aufstützt. Ein sehr schöner Tag, auch wenn es fast ununterbrochen geregnet hat. Mit sowas muß man rechnen in Island. Bilder der Tages:
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22. August 2001 |
Auch am nächsten Tag schien keine Wetterbesserung in Sicht. Immerhin nieselte es nur noch ein wenig. Und da ich Skaftafell bei schlechtem Wetter nun schon kannte, beschloß ich, lieber wann anders nochmal wiederzukommen, und wieder zurückzuradeln Richtung Flughafen Keflavík. Also fürs Erste die selbe Strecke nochmal, die ich erst kurz zuvor in der anderen Richtung hinter mir hatte, quer duch den Skeiðarársandur. Und wieder hatte ich die Straße fast für mich alleine, die Ausweichstellen auf den kilometerlangen, einspurigen Brücken waren überflüssig. Beeindruckend sind auch die Überreste jener alten Brücken, die 1996 von einem Gletscherlauf davongespült wurden. Einige dicke Metallstreben liegen als Andenken neben der Straße, völlig verbogen und kaum noch als Brücke erkennbar. Kaum hatte ich die Sandebene hinter mir gelassen, kam sogar ein bißchen Sonne zwischen den Wolken durch. Ich ließ wieder die markanten Berge und den Lómagnúpur hinter mir, die Ebene des Eldhraun-Lavafeldes, den unverwechselbaren Felsen Orustuhóll, alles "alte Bekannte" eben. Und dennoch fielen mir immer wieder ein paar neue Details auf. Ich hatte natürlich wieder leichten Gegenwind, wie schon bei der Herfahrt. Aber der war nicht allzu stark, so daß ich mein Hauptziel für den Tag, Kirkjubæjarklausur mit der näheren Umgebung, schon am Nachmittag erreichte. Genügend Zeit um noch zu wandern. Allerdings war die Wolkendecke wieder zugezogen, Regen war in Sicht. Also wieder all meine Regenklamotten mitgenommen und losgewandert. Erst mal zum Kirkjugólf, fast direkt neben dem Zeltplatz, danach nochmal quer durch den Ort, auch um dem Supermarkt noch einen Besuch abzustatten, und dann nochmal in einem großen Bogen durch die Hügel über dem Ort. Auch dort hat man bei gutem Wetter bestimmt eine bessere Aussicht über die Pseudokraterlandschaft südlich vom Ort. Aber bei dem Regenwetter hab ich es so nur geschafft, alle meine Schuhe patschnass zu bekommen. Aber am wunderschönen Zeltplatz dort gibt es ja einen schönen Trocknungsraum für genau solches Wetter, den ich schon wieder in Anspruch nahm... Bilder der Tages:
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23. August 2001 Vík |
Natürlich war es imernoch bewölkt und regnerisch, am nächsten Morgen. Aber der Wind stand günstig. Ich habe eilig meine Sachen gepackt und war schon bald wieder unterwegs, weiter entlang der Küste nach Westen. Bei Rückenwind. Und auch wenn die Krater- und Lavalandschaft um mich herum auf Dauer nicht gerade viel Abwechslung bot, war es ein Genuß so durch die Ebene zu fliegen. So schnell wie an diesem Tag kam ich sonst wohl nie voran, aber die landschaftlichen Höhepunkte blieben wie gesagt hinter Wolken verborgen. Erst recht eintönig wurde es aber im Mýrdalssandur. Die Fels-, Lava- und Basaltformationen blieben zurück und vor mir lag wieder eine weit ausgedehnte Sandfläche. Wahrscheinlich thront bei besserer Sicht der Gletscher Mýrdalsjökull darüber, aber ich bekam leider nur Regenwolken zu sehen. In dieser Ebene liegt der Hof Stórholl (?), direkt neben der Ringstraße. Oder bessergesagt lag. Heute erinnert eine große Tafel neben einem Parkplatz an die Geschichte des Ortes und der hunderten von Steinhaufen, die man dort findet. Demnach war hier vor langer Zeit ein prächtiger und großer Hof gestanden, bis er von einem Gletscherlauf davongespült wurde. Ebenso wie den Besitzer das Unglück traf, soll es seither jeden treffen, der vorbeikommt und kein Steinhäufchen errichtet, wer die ganze Geschichte mit Details lesen will, sollte mal hinfahren. Und während ich jedenfalls meine Pflicht am Aberglauben tat, rasten etliche Autos vorbei, ohne überhaupt von dem Ort Kenntnis zu nehmen. Im Gedächtnis geblieben sind mir auch die vielen Warnschilder. Erst bezüglich möglicher Sandstürme im Mýrdalssandur, aber nicht bei dem Wetter natürlich. Und dann immer wieder Warnschilder vor möglichen Straßensperren im Falle eines Ausbruches der Katla. Laut Geologen ist der Vulkan langsam überfällig, und wenn er ausbricht kommt es wohl zwangsläufig wieder zu einem Gletscherlauf, der die Straße, die Brücken und natürlich alles was darauf unterwegs ist, ins Meer spült. Naja, als ich unterwegs war, war es recht ruhig. Die ehemalige Insel Hjörleifshöfði kam bald in Sicht, und an ihrem Näherrücken merkte ich endlich wieder, daß ich überhaupt vorwärtskam. Und das sogar recht schnell. Bei ihr handelt es sich um einen der ältesten besiedelten Orte Islands. Früher war es wie gesagt mal eine Insel, wie etliche andere Berge, an denen ich noch vorbeikommen sollte, auch. Vom nahen Gletscher wurde aber mit der Zeit immer mehr Sand und Geröll angespült, so daß es heute eben nur noch Berge mit steilen Klippen sind. Und sie erinnern von ihrer ganzen Form her stark an die Westmännerinseln, die ich später noch besuchen wollte. Aber fürs erste war ich schon zufrieden, als ich im nahen Vík in einer Regenpause mein Zelt aufbauen konnte. Das Ortsbild wird eindeutig von den Felsen Reynisdrangar beherrscht. Angeblich 60m hoch ragen sie steil aus dem Meer. Eine kurze Wanderung am schwarzen Sandstrand gehört somit auch der Aussicht wegen unbedingt dazu. Später am Tag bin ich wieder auf den Berg oberhalb der Reynisdrangar gestiegen, den Reynisfjall. Von dort hat man einen tollen Blick durch den Torbogen von Kap Dýrhólaey, dem südlichsten Punkt Islands. Und wenn man früher im Jahr unterwegs ist, findet man angeblich auch massenhaft Papageientaucher dort. Leider war es aber an diesem Tag hauptsächlich dunkel, bewölkt, windig und regnerisch. Zurück am Zeltplatz hab ich völlig überraschend einen Motorradler wiedergetroffen, dem ich schon am Kjölur begegnet war. Außerdem brachte ich dort in Erfahrung, daß andere in den letzten Tagen auch nicht mehr Glück mit dem Wetter gehabt hatten. Wenigstens war mein Zelt drinnen vergleichsweise trocken. Bilder der Tages:
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24. August 2001 Skógar |
Es regnete natürlich die ganze Nacht hindurch. Und auch am nächsten Morgen noch. Aber das war ich mittlerweile gewohnt. Also die Sachen wieder bei Regen gepackt, vorher noch alles was ich an Regenzeug zu bieten hab herausgekramt, und weiter ging es. Zum ersten Mal seit langem gab es wieder so etwas wie Berge. Richtig steil mitunter. Aber vielleicht war ich nach den langen Fahrten durch die Ebenen auch nur nicht mehr daran gewöhnt, bergauf zu fahren. Die Straße war natürlich nach wie vor durchgehend asphaltiert, der Verkehr hielt sich in Grenzen. Einen kleinen Abstecher zum Sólheimarjökull ließ ich rechts liegen. Bei besserem Wetter muß ich vielleicht nochmal bei dieser Gletscherzunge vorbeischauen, ein andermal eben. Nicht nehmen ließ ich mir aber einen Besuch in Skógar. Beziehungsweise im dortigen Museum. Das beste am Museum ist wohl der Besitzer, Þórdur Tómasson. Zu jedem Stück seiner Sammlung kann er eine Geschichte erzählen, und jeden Besucher möchte er scheinbar am liebsten selbst durch sein Reich führen. Und mich verrückten, durchgeregneten Radler wollte er fast gar nicht mehr gehen lassen. Nach drei vollen Stunden hab ich mich dann doch losgerissen, aber ich bin mir sicher, daß ich wieder in das Museum kommen werde, wenn ich mal wieder in der Gegend bin, denn dort gibt es noch sehr viel zu entdecken. Und die Geschichten von Þórdur machen erst recht Spaß. Der Regen ließ dann mit der Zeit auch etwas nach, und schon nach kurzer Zeit war es nur noch "stark bewölkt". Die Straße führte wieder durch flaches Farmland, mit steilen Klippen zu meiner Rechten. Aber schon nach etwa 20 km wichen die Berge und Hügel zurück und vor mir lag die weite Ebene Südislands. Bevor ich mich allerdings zu meinem Etappenziel für den Tag aufmachte, Hvolsvöllur, folgte ich noch ein kurzes Stück dem Abstecher Richtung Þórsmörk zum Wasserfall Seljalandsfoss. Ein beeindruckender Wasserfall, und der besondere Clou daran ist, daß man hinten um ihn herumgehen kann. Zmindest wenn man sich aus so ein paar Tropfen mehr oder weniger auch nichts mehr macht. Und Regen war ich ja seit mehreren Tagen schon gewöhnt. Am letzten Stück vor Hvolsvöllur war mehr und mehr Verkehr unterwegs, und der "Stadtverkehr" war erst recht neu für mich, nach 3 Wochen größtenteils auf einsamen Landstraßen. Aber als ich dann mein Zelt aufgebaut hatte, war ich mit der Welt wieder versöhnt. Endlich war wieder blauer Himmel zu sehen. Oder bessergesagt roter und gelber Abendhimmel im Westen, fern im Osten weiterhin Wolken. Am Zeltplatz traf ich auch noch einen außergewöhnlichen Dänen, der sich nach seiner Heimat in Bergen, Norwegen, sehnte weil zur Zeit in Reykjavík lebte um dort die isländischen Sagen zu studieren, und deswegen gerade an diesem Tag nach Hvolsvöllur gekommen war, um an einer Konferenz zur Njallssaga teilzunehmen. Klingt verwirrend, oder? Jedenfalls wurde am Ort gerade eine neue Tankstelle eingeweiht, und daß wir als nicht-Einheimische mitfeierten und uns prächtig unterhielten störte auch niemanden weiter. Im Nachhinein wohl einer der großartigsten Tage meiner Reise, an dem ich viel erlebt habe... Bilder der Tages:
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25. August 2001 |
Wo ich den Bericht gerade schreibe fällt mir auf, daß dies der einzige Tag war, an dem ich kein einziges Foto schoß. Dennoch ist viel interessantes geschehen, und ich habe ein langes Wegstück zurückgelegt. Am Morgen jedoch verabschiedete ich mich erstmal von meinem dänischen Zeltnachbarn und ich selbst suchte erstmal das Njalssagamuseum auf. Es ist nämlich so, daß in der Gegend um Hvolsvöllur diese bedeutendste isländische Saga stattgefunden haben soll. Und wenn man den Eifer der Isländer kennt, wenn es um Geschichte und Geschichten geht, weiß man, daß man im ganzen Ort auf Schritt und Tritt von der Njallssaga verfolgt wird. Andererseits ist das Museum auch mit dem selben Eifer und viel Sorgfalt gestaltet und somit sehr interessant, auch wenn man wie ich die Njallssaga nicht kennt. Also bin ich erst spät aufs Fahrrad gekommen. Und hab zum ersten Mal seit langem wieder meine Sonnencreme gebraucht. Ein strahlend blauer Himmel war über mir, als ich Hvolsvöllur in Richtung Hella verließ. Mein Regenzeug spannte ich nur lose auf mein restliches Gepäck, ich wußte schon gar nicht mehr, wo ich es vorher die ganze Zeit über aufbewahrt hatte. Als ich dann wenige Kilometer hinter Hella mal wieder nach hinten auf meinen Anhänger schaute, stellte ich erschrocken fest, daß eines der treuen Stücke sich mit dem Fahrtwind auf und davon gemacht hatte. Vielleicht war es auch einfach der Gegenwind. Jedenfalls änderte auch ein Umdrehen und kurzes Zurückfahren nichts daran, daß mir wohl ein Teil meiner Ausrüstung abhanden gekommen war. Ich hatte mich im Geiste schon damit abgefunden, da hält ein isländischer Jeep neben mir, das Fenster wird heruntergekurbelt und ein Arm herausgestreckt: "Is that your's?". In Island geht nichts verloren, habe ich mal irgendwo gelesen. Jetzt weiß ich, das stimmt! Der Verkehr war schon seit Hvolsvöllur sehr viel dichter geworden. Aber auf diesem Stück gab es für mich fast keine andere Wahl als die Ringstraße. Jedenfalls war ich froh, als ich endlich über die Þjórsábrücke war, und wieder auf eine ruhige Landstraße abzweigen konnte. Ich wollte entlang der Südküste, an Selfoss vorbei, nach Þorlákshöfn, oder eben soweit ich noch Lust hatte. Hauptsache ich erwischte die Fähre zu den Westmännerinseln am nächten Tag um 12:00 Uhr. Also bog ich auf die 302 ein und hatte wiedermal zeitweise Begleitung von Reitern mit ihren Pferden. Und den Wind endlich wieder wenigstens von der Seite statt von vorne. Und eine festgefahrene Schotterstraße statt Asphalt. Es war jedenfalls eine echte Erholung nach dem vielen Verkehr auf der Ringstraße. Und als ich dann, nur um den Wind auch einmal von hinten zu haben, den Bogen auf der Straße 305 fuhr, war das Glück perfekt. Fast hätte ich meinen können, in Deutschland unterwegs zu sein, so grün war die Landschaft um mich herum. Nur der kalte Gegenwind überzeugte mich dann wieder vom Gegenteil. Schon lange bevor ich auf die 33 einbog, die direkt nach Stokkseyri führt, sah ich den gleichnamigen Leuchtturm aus der Ebene aufragen. Und vor dem Ort machte ich noch eine kleine Pause bei "der ältesten Rjómabúð" Islands in Baugsstaðir. Dort wurde lange Zeit mechanisch Butter hergestellt und abgepackt, und heute ist es eben ein kleines Museum. An einem Zeltplatz kam ich aber nicht vorbei in Stokkseyri oder Eyrarbakki, oder zumindest an keinem, zu dem ich irgendwelche Hinweisschilder gefunden hätte. So fuhr ich also weiter, mittlerweile auf der 34. Und der Gegenwind war wiedermal stärker geworden. Besonders bei der Brücke über die Ölfusá machte er mir arg zu schaffen. Als ich endlich wieder die Richtung wechselte, um nach Þorlákshöfn zu kommen, war das vorwärtskommen gleich wieder viel leichter. Und als ich erschöpft am dortigen Zeltplatz ankam, hatte das Bad nebenan natürlich schon geschlossen. Aber ich traf wieder einige nette Zeltnachbarn, einen Schweizer Fotographen, der 4 Monate in Skandinavien unterwegs war, arbeiten, und gerade seine Frau am Flughafen in Keflavík "auf Besuch" abgeholt hatte. Aber auf isländischen Zeltplätzen trifft man ja laufend einzigartige und nette Leute. |
26. August 2001 zu den Vestmannaeyjar |
Am "frühen Morgen" ging es dann also gemächlich die paar hundert Meter durch den Ort zur Fährstation. Bei Traumwetter und strahlend blauem Himmel. Und als ich grade mein Fährticket besorgen wollte, sah ich vor dem Laden doch tatsächlich zwei andere Räder stehen, beide mit einem baugleichen Anhänger, wie ich ihn auch hatte. Die zugehörigen niederländischen Besitzer begrüßten mich gleich mit einem "Nice trailer you have!". Sie waren in vier Wochen um ganz Island geradelt, und wollten nun ebenfalls ihren Urlaub auf den Vestmannaeyjar ausklingen lassen. Die Räder waren beim einfachen Überfahrtsticket übrigens dabei, und machten auch keinerlei Probleme mehr, nachdem sie unten im Laderaum festgezurrt waren. Meine Kamera dafür schon, was ich aber gar nicht so recht bemerkte. So kam es denn, daß etliche der Bilder von dem Tag leider nur halb sind. Die Überfahrt an sich war aber sehr angenehm, und bei dem guten Wetter hatte man eine fantastische Sicht sowohl auf das Festland, als auch auf die vorgelagerten Inseln. Insbesondere das letzte Stück, die Hafeneinfahrt von Heimaey, ist unvergesslich. Als 1973 der Vulkan Eldfell auf der Insel ausgebrochen war, hätten seine Lavamassen die Hafeneinfahrt fast komplett versperrt. So wurde sie aber nur noch schmaler, besser geschützt und natürlich imposanter. Und kaum hatte man das Schiff verlassen, wurde man wieder auf Schritt und Tritt von dem Vulkanausbruch verfolgt. Natürlich gibt es ein Kino, mit "einzigartigen, nur hier gezeigten" Bildern, und der Vulkan selber ragt auch unübersehbar über der Stadt empor. In einem anderen, kreisrunden ehemaligen Vulkanschlot liegt der Zeltplatz von Heimaey. Recht hübsch, mit einer kleinen Hütte, Kochgelegenheit und sogar kostenloser Waschmaschine. Aber bei dem Wetter das ich hatte bin ich erstmal auf den Kraterrand gestiegen, um die Aussicht zu genießen. Und die war atemberaubend. Sogar das Loch im Torbogen von Kap Dýrhólaey konnte ich sehen! Als ich später zuhause die Bilder ansah war ich sehr enttäuscht, daß mein Fotoapparat wieder nur die Hälfte aufgenommen hat. Aber der Anblick ist mir auch so unvergesslich. Anschließend bin ich noch um den Rest des ganzen Kraters gewandert, teilweise ohne den Pfad so genau zu finden. Aber die tolle Aussicht auf die anderen Inseln, die Vögel, die in den steilen Klippen nisten, und das leuchtend Meer tief unter mir, all das machte mir diese Wanderung mit Kletterpartien zu einem sehr schönen Erlebnis. Später am Abend bin ich noch auf einen anderen Berg geklettert, mit Funkantennen darauf. Und wieder mit einer tollen Aussicht. Und dazu noch einem typisch isländisch spektakulärem Sonnenuntergang. Alles in allem ein großartiger Tag, wahrscheinlich mit dem besten Wetter der ganzen Reise. Aber das hatte ich mir nach einer Woche Dauerregen wohl auch mal verdient. Bilder der Tages:
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27. August 2001 Vestmannaeyjar |
Leider hielt sich das gute Wetter nicht, es war wieder dicht bewölkt an diesem Tag. Immerhin regnete es noch nicht. Ich hatte mir diesmal vorgenommen, den südlichen Teil der Insel zu erwandern, insbesondere die Halbinsel Stórhöfði, wo es unzählige Vögel geben soll. Also entlang der Küste nach Süden. Es hätte natürlich auch einen Bus gegeben, aber die Insel ist nun wirklich nicht so groß, daß soetwas nötig wäre. An etlichen interessanten Felsformationen kam ich vorbei und stand dennoch schon bald in einer Wiese am Hang der südlichen Halbinsel, umflattert von unzähligen Papageitauchern und anderen Seevögeln. Mehrmals versuchte ich vegeblich sie zu fotografieren, aber wirklich auf Armeslänge wie zwei Jahre zuvor am Látrabjarg kam ich nicht an sie heran. Sie flogen nur meistens recht schnell über mir vorbei, und um dann ein gutes Bild hinzubekommen braucht man wohl viel Glück, Geduld und mehr Erfahrung im Fotographieren als ich. So kamen bei mir eben nur ein paar unscharfe Bilder heraus. Die Wanderung um Stórhöfði hat sich natürlich trotzdem gelohnt, auch wenn die Vögel nicht gar so zutraulich oder sowieso schon längst wieder auf hoher See unterwegs waren. Und die einsame Ostküste, an der ich zurückgewandert bin, war auch recht beeindruckend. Immer wieder sieht man auf den Westmännerinseln, wie jung das Land wirklich ist, und überall erinnern kreis- oder halbkreisförmige Klippen an die Vulkane, die das Land erst entstehen ließen. Besonders wenn man auf einen der vielen Berge steigt, und einen Überblick über die ganze Insel hat. Leider kommt man aber nicht an der Küste entlang am Flughafen vorbei, und kann so nicht ganz um die Insel herum laufen. Aber für den Tag hatte ich auch genug, besonders da ich am Weg durch die Stadt das Schwimmbad ausfindig gemacht habe. Schier ewig war ich schon nicht mehr in einen Hot Pot gestiegen und ließ die Welt Welt sein. Das holte ich gründlich nach. Zumal es aus den dichten Wolken zu regnen begann, und der Wind auch deutlich stärker wurde. Eine gemütliche Nacht im Zelt stand bevor, das während der letzten Tage gerade richtig getrocknet war und wieder richtig wohnlich. Aber zuvor spendierte noch eine Gruppe von fünf Deutschen eine prächtige Beute, die sie am Hafen von einem Fischer ergattert hatten. Die paar dicken Stücke fangfrischen Fisches machten wohl den ganzen Zeltplatz satt an dem Tag, auch wenn ich Fisch normalerweise nicht wirklich gern habe. Bilder der Tages:
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28. August 2001 Vestmannaeyjar |
Die Sturmnacht war dann doch nicht so schlimm wie es zunächst schien. Zwischen den großen Felsen am Zeltplatz in Heimaey gibt es genug Windschutz, und wasserdicht ist mein Zelt ja. Außer am Boden. Und der blieb diesmal zum Glück trocken. Also packte ich am nächsten Morgen meine Regesachen in den Rucksack und wanderte bei nur leichtem Nieselregen los, denn die Fähre zurück zum Festland hatte ich halb absichtlich verschlafen. Diesmal wollte ich auf die Vulkane Eldfell und Helgafell steigen, die das Inselbild eindeutig überragten. Also machte ich mich auf zur Nordostecke von Heimaey. Und da ich natürlich wieder keinen Plan hatte, wanderte ich zunächst entlang der Küste durch das Nýju Hraunið, das "Neue Lavafeld", das 1973 die Hafeneinfahrt zu blockieren drohte. Von dort hat man einen fast ebenso impsanten Blick auf die steilen Klippen, wie vom Schiff aus. Außerdem konnte ich Keiko, den "Filmstar-Killerwal" in seinem Refugium in Klettsvík sehen. Aber ich war natürlich nicht extra deswegen hergekommen, und wandte mich schließlich doch dem Berg zu, mit seiner rotschwarzen Spitze. Enttäuschend war vielleicht, daß soetwas wie ein richtiger Krater gefehlt hat, so ein Schlot der in eine bodenlose Tiefe führt. Aber nachdem ich soetwas bisher auch bei keinem anderen Krater in Island gesehen hatte, vermißte ich es auch nicht so sehr. Immerhin gab es etliche Dampfschwaden die aus dem losen Geröll aufstiegen, und wenn man mit der Hand auf den Boden faßte und die Wärme von dort spürte, konnte man auch gut nachvollziehen, wo die Inselbewohner in den ersten Jahren nach dem Ausbruch ihre "Fernwärme" herbezogen. Die Aussicht war wieder recht Wolkenverhangen und oben auf dem Kraterrand wehte auch eine steife Brise vom Meer her. Also stieg ich wieder hinab und wollte mich dem nächsten Vulkan zuwenden. Aber da ich nach wie vor keinen Plan hatte, hab ich keinen ausgetretenen Pfad dort hinauf gefunden. Stattdessen lockte mich nun ein kleiner Weg am Fuße des Eldfells rund um ihn herum. Von einem erhöhten Standpunkt aus konnte ich ihn deutlich sehen, zwischen dem lockeren Geröll des Berges und dem Lavafeld, das sich bis zum Meer hin erstreckt. Auch einen kleinen Pfad mitten hinein in dieses Lavafeld konnte ich sehen, und als ich diesem Weg folgte, wurde meine Neugier doch glatt belohnt. Zu einem alten Lavatunnel führte er, etwa 3m hoch und mehrere Meter lang. Außerdem führten kleine Seitenarme tiefer durch das Basalt- und Felsgewirr. Ohne entsprechende Ausrüstung und sogar ohne Taschenlampe ließ ich die Sache auf sich beruhen, und folgte lieber dem anderen Weg um den Eldfell herum. Der Pfad, der zunächst noch recht gangbar aussah, verlor sich irgendwann in eine Reihe einzelner dünner Spuren, und von der anderen Richtung her kommend ist es wohl recht schwer, ihn überhaupt zu finden. Auch die Lavahöhle ist wohl in keinem Reiseführer der Welt erwähnt. Die schönsten Flecken findet man wohl immer nur auf eigene Faust, wenn man eigentlich nichts bestimmtes sucht und plötzlich doch etwas findet. Den Rückweg durch den Ort zu meinem Zelt kannte ich mittlerweile schon. Also suchte ich mir als Alternativroute einen kleinen Pfad über den Kraterrand, der rings um den Zeltplatz liegt. An dem war ich auch schon zwei Tage zuvor fast vorbeigekommen. Die Aussicht war heute bei weitem schlechter, ich konnte kaum noch das Festland zwischen den Wolken erkennen. Und als ich endlich wieder bei meinem Zelt ankam, war ich recht müde und hatte genug vom Wandern. Eine kleine Pause im Nieselregen nutzte ich, um mich endlich mal wieder meines Fahrrades anzunehmen. Die Bremsklötze wollten ausgetauscht werden, und ein Seilzug begann Auflösungserscheinungen zu zeigen. Nichts weiter dramatisches, für sowas hatte ich noch genügend Ersatz. Schon bald nachdem ich das erledigt hatte, legte ich mich schlafen, denn die Fähre sollte am nächsten Tag um 8:15 Uhr morgens losfahren. Bilder der Tages:
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29. August 2001 nach Grindavík |
Zum einzigen Mal in diesem Urlaub ließ ich mich durch einen Wecker aus dem Schlaf reißen. Früh packte ich meine Sachen auf den Anhänger und kam natürlich rechtzeitig zur Fähre. Die trüben Wolken, die es nachts ab und zu regnen ließen, hingen zwar anfangs noch über dem Schiff, aber es klarte mehr und mehr auf. Als die Fähre in Þorlákshöfn ankam war wieder deutlich mehr Blau als Grau am Himmel. Wiedermal Zeit für Sonnencreme. Die beiden Holländer mit ihren Anhängern waren mit der selben Fähre zurückgekommen. Sie wollten noch ihre letzten paar Tage und Kronen in Reykjavík durchbringen, während ich auf den Straßen 42 und 427 entlang der Südküste nach Grindavík wollte. Auch wenn ich schon mehrmals gewarnt worden war, dies seien wohl die schlechtesten Straßen Islands. Die ersten Kilometer waren gut zu fahren, aber spätestens beim Ort Strandakirkja und dem Hliðarvatn bestätigten sich die Gerüchte. Eine richtige Holperpiste, mit viel "Wellblech" und großen Steinen erinnerten mich stark an die Hochlandpisten, die schon ein ganzes Stück hinter mir lagen. Besonders unangenehm war ein kurzes Stück im Naturschutzgebiet Herdísarvík, aber dahinter fing sogar wieder ein geteertes Stück an. Die Landschaft um mich herum war recht abwechslungsreich, mit Hügeln, Bergen oder Klippen rechts von mir und ein paar Wiesen, Lavafeldern und allen denkbaren Zwischenstufen um mich herum. Und es war wieder sehr wenig los, fast gar kein Verkehr. Erst kurz von Krýsuvík traf ich wieder einen Radler, schon wieder ein Holländer. Er war gerade erst am Flughafen angekommen und aufgebrochen, sein ganzer Urlaub lag noch vor ihm. Mit Hilfe seines Reiseführers fanden wir auch zu den heißen Quellen von Krýsuvík, deren außergewöhlich leuchtende Farben wohl auch schon für so manchen Fotomotiv waren. Während der paar Meter die wir gemeinsam fuhren plauderten wir natürlich über alles Mögliche, mal auf Deutsch, mal auf Englisch. Er wollte noch durchs Hochland fahren, im September, hatte also noch einiges vor sich. Auf der weiteren Strecke, der 427, war ich wieder alleine. Asphalt und Verkehr lagen wieder ein ganzen Stück hinter mir, und die Landschaft um mich herum wurde immer unwirtlicher und bizarrer. Lavafelder und Krater, schwarze Sandstrände und rötliche Geröllfelder wurden wieder häufiger. Und zu guter Letzt war noch ein steiler und steiniger Berg zu überwinden, wo mich die holprige Straße doch schon stark genug strapaziert hatte. Als der kostenlose und weltberühmte Zeltplatz von Grindavík endlich auftauchte, war ich dementsprechend ziemlich erschöpft. Es war wieder ein bißchen wolkiger geworden im Laufe des Tages, sah aber nicht wirklich nach einer Regennacht aus. Am Zeltplatz traf ich viele Deutsche, bei genauerem Nachdenken wohl die ersten Deutschen seit über einer Woche. Und nicht gerade wenige von diesen flogen bald sogar mit dem selben Flieger heimwärts, wie ich. Bei einem gemeinsamen Resteessen wurden die letzten Nudeln für lange Zeit weggegessen, und es kamen wieder einige nette Gespräche zustande. Vielleicht auch deswegen behalten die meisten Reisenden diesen Zeltplatz in so guter Erinnerung. Etwas besonderes zu bieten hat er aber eigentlich nicht. Bilder der Tages:
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30. August 2001 nach Keflavík |
Abreisetag. Ich hatte noch ein paar letzte holprige Kilometer vor mir, auf den Straßen 425 und 44, bis nach Keflavík und zum Flughafen. Das erste Stück von Grindavík bis zum Leuchtturm an der Reykjanestá war richtig unangenehm holprig, fast hätte die Straße ein 'F' vornedran verdient, was sonst den Hochlandpisten vorbehalten ist. Aber die Landschaft rund herum war die Strapazen wert. In immer bizarreren Formen zeigte sich die Lava zu beiden Seiten des Weges. An der Südwestspitze der Reykjaneshalbinsel, beim Kraftwerk Skálafell, gibt es nochmal heiße Quellen, mit gelb und rot gefärbten Gesteinen. Und es gibt dort einige kleine Nebenstrecken, die schließlich auch zum ältesten Leuchtturm Islands führen. Zumindest zu dem Ort, wo er einst lag. Nach einem Erdbeben rutschte der Hang auf dem er stand ins Meer, und ein neuer Leuchtturm wurde gebaut. Nach einer kleinen Rast an diesem Ort nahm ich das letzte Stück Weg in Angriff, wieder auf einer geteerten Straße. Der Verkehr nahm trotzdem nicht zu. Und die eigenartigen Felsformationen wurden nur langsam weniger, um flacheren, grüneren Wiesen Platz zu machen. Daß ich dem Flughafen näher kam merkte ich schon an den Jets, die über mir zur Landung ansetzten. Am verschlafenen Örtchen Hafnir kam ich vorbei, hielt mich aber nicht lange auf. Bald war ich wieder am Zeltplatz in Keflavík, wo ich vier lange und unvergessliche Wochen zuvor aufgebrochen war. Dort traf ich noch überraschend viele andere Radler, fast alle ebenfalls aus Deutschland. Aber die meisten waren mehr mit sich selbst, ihren Fahrrädern und dem Packen beschäftigt, so daß kein richtiges Gepräch zustande kam. Aber in den Gästebüchern des Platzes sammelten sich über viele Jahre eine Menge Kurzberichte und Meinungen an, da eigentlich alle Reisenden in Keflavík ankommen und das Land auch wieder verlassen. In denen zu Stöbern sollte man sich nicht entgehen lassen, zumal wenn man sowieso noch ein paar Stunden Wartezeit bis zum Abflug hat. Wenn man dann endlich in der Abflughalle sitzt, seine Sachen alle gut verstaut auf dem Weg in den Flugzeugrumpf weiß, und nach einem langen, prüfenden Blick auch durch die Sicherheitkontrollen ist (immerhin sind die in Island etwas exotischere Ausrüstung gewöhnt), dann löst sich die Anspannung und man hört und erzählt von vielen interessanten Erlebnissen. Überall trifft man alte Bekannte wieder, solche denen man gerade beim Einpacken des Fahrrads geholfen hat, oder solche, die man schon fast wieder vergessen hat, und man kann daran gehen, die Reise zu verarbeiten. Sehr viel stärker erfährt man das wohl noch, wenn man mit dem Schiff anreist, und schon diese Reise richtig zum Urlaub wird. Muß ich auch nochmal unbedingt machen. Viel zu schnell ist man mit dem Flieger wieder in Deutschland und verstreut sich in alle Himmelsrichtungen. Bilder der Tages:
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31. August 2001 |
Der Flug verlief natürlich ruhig und und ziemlich schnell. Von oben habe ich die Lichter der Ortschaften wiedergesehen, durch die ich noch kurz zuvor geradelt bin. Richtig schönes Wetter und ein sonniger Tag stand wohl bevor. Bis zum nächsten Mal, Island! In München gelandet wäre ich wohl besser gleich zum Bahnhof Freising geradelt, statt zu dem in der Innenstadt. So habe ich natürlich gleich meinen Zug verpasst, und hatte zwei Stunden Zeit, mich im Hauptbahnhof München wieder an Hektik und Alltag zu gewöhnen. Als ich endlich wieder Zuhause ankam wollte ich nur noch ins Bett. Und nie wieder Nudeln und Outdoor-Mahlzeiten für mindestens ein paar Tage! Bilder der Tages:
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Reisezeit | 2.8.2001 - 31.8.1999 : 30 Tage |
Übernachtungen im Zelt | 28 |
Zeltplätze | 23 |
Zelt auf-/abgebaut | 28 |
ausgegebenes Geld | ca. 2.000 DM, inclusive Flug |
Verwendete Verkehrsmittel | Einmal Linienüberlandbus, eine Fähre hin und zurück, sonst Fahrrad |
zurückgelegte Strecke mit Fahrrad | ca. 1500 km |
zurückgelegte Linienbus-Strecke | ca. 90 km |
mit Fähren | ca. 150 km |
zu Fuß (Wanderungen) | ca. 50 km (?) |
Strecke insgesamt | ca. 1800 km |
Fotos | 5x37 Bilder... (ich war sparsam) |
Museumsbesuche | 4 |
Gepäck | 20,1 kg + Fahrrad + Handgepäck |
Pannen etc. | 1x Kette gewechselt (erwartungsgemäß), keine platten Reifen |
Hering-Bilanz | ein Hering gefunden, keinen verloren |
Sonnentage | ca. 13 |
Regentage | ca. 10, 8 von denen am Stück |
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